Küsterin Regina Kutsch.

Regina Kutsch arbeitet seit 16 Jahren als Küsterin in St. Marien. Sie hört auf. Die Gemeinde sucht eine Nachfolge. Regina Kutsch erinnert sich an einen besonderen Moment. © Quiring-Lategahn

Besonderer Moment mit Madonna: Küsterin von St. Marien hört bald auf

dzKirchengemeinde St. Marien

50.000 Hostien werden in der Großgemeinde St. Marien im Jahr gereicht. Die Bestellung übernimmt Küsterin Regina Kutsch. Wie so vieles. Sie hört bald auf und wird zwei Dinge besonders vermissen.

Lünen

, 29.09.2022, 10:25 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Uhrzeiger der Wallfahrtskirche St. Marien stehen still. Der Strom ist weg. Für die richtige Zeit und das Glockengeläut am Turm, einem der 100 höchsten in Deutschland, ist Küsterin Regina Kutsch zuständig. Zur Not muss sie viele Stufen steigen. 150 sind es bis ganz oben. An diesem Tag hat sie Glück. Der Strom ist bald wieder da. Die Uhrzeit wird per Funk eingestellt.

Seit 16 Jahren ist die 66-Jährige die „gut Seele“ von St. Marien. Ihr Dienst ist hauptsächlich am Wochenende. Außer Montag geht sie täglich in die Kirche, die 1894 bis 1896 nach Plänen von Wilhelm Rincklake neu erbaut wurde. Regina Kutsch kommt mit dem Fahrrad. 30 Minuten vor der Messe schließt sie die Türen auf, holt das Gewand für den Pfarrer sowie die Messbücher und zündet die Kerzen an.

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Einen Zähler hat die Küsterin immer dabei. Auf 8000 Schritte kommt sie täglich in dem 57 Meter langen und 21 Meter breiten Gotikbau. Bei Hochzeiten sind es schon mal 12.000. „Klapperschuhe“, wie sie sagt, gibt es bei ihr nicht. Auf leisen und bequemen Sohlen ist sie an ihrem Arbeitsplatz Kirche unterwegs, „um die Andacht von Gläubigen nicht zu stören“. Still und unauffällig versieht sie ihren Dienst, der mit seinen vielen Aufgaben oft wenig sichtbar, aber unverzichtbar ist.

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Mit 50 Jahren schwenkte die Lünerin nochmal um. Da hatte sie 28 Jahre als Erzieherin in der Kindertageseinrichtung St. Marien gearbeitet, wurde Küsterin und paukte für die Prüfung. Sie muss sich auskennen in der Liturgie und viel Organisatorisches managen, bis zur Pflege von Altarwäsche und Untergewändern der Priester.

Eigentlich ist Regina Kutsch schon seit einem Jahr in Rente. Bis April 2023 arbeitet sie weiter. Es wird eine Nachfolge gesucht. Die Osterzeit will die Küsterin noch begleiten, denn das seien mit Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag und Vorbereitung auf die Osternacht die wichtigsten Tage im Kirchenjahr, „da lasse ich keinen hängen“, sagt sie.

Auch das Anzünden von Kerzen gehört zu den Aufgaben der Küsterin.

Auch das Anzünden von Kerzen gehört zu den Aufgaben der Küsterin. © Goldstein (A)

Ehemalige Kita-Kinder vor dem Traualtar

Sieben Priester hat sie in ihrer Zeit erlebt, davon drei leitende Pfarrer. Ihre Arbeit richtet sich nach dem Jahreskreislauf und den Feiertagen. Weihnachten und Ostern, Maria Lichtmess oder Heilige Drei Könige, „die Höhepunkte zu erleben, werde ich vermissen“, sagt sie. Besonders gerührt ist sie, wenn ehemalige Kita-Kinder vor dem Traualtar stehen oder ihre Kinder taufen lassen.

Einen Moment wird sie nie vergessen: Als Bischof Felix Genn in die St. Mariengemeinde kam und für eine besondere Messe das aus Eichenholz geschnitzte Gnadenbild von seinem angestammten Platz gehoben wurde. Gemeinsam mit dem Bischof hat sie die Madonna dann wieder zurückgebracht. Das bleibt in Erinnerung.

Die Wallfahrtskirche St. Marien.

Der Arbeitsplatz der Küsterin: Die Wallfahrtskirche St. Marien. © Peter Fiedler

Decken für Frühchen in der Ukraine

Für die Zeit nach der Arbeit als Küsterin hat Regina Kutsch längst Pläne. Als Kommunionhelferin will sie sich engagieren und als Lektorin in den Gottesdiensten. Sie näht weiterhin mit den Patchworkfrauen der Gemeinde, die jetzt wieder zwei große Pakete in die Ukraine schicken: Weil zu Beginn des Kriegens dort auffällig viele Frühchen geboren wurden, haben sie extra kleine Decken genäht. Spezielle Kulturtaschen sind mit winzigen Söckchen, Kirschkernkissen und anderen Dingen gefüllt. Eine Frau aus Berlin übernimmt den Transport. „Die Schwestern dort sind so dankbar“, weiß die Küsterin.

Aus einem Stapel Jeanshosen näht sie zurzeit Taschen für Trinkflaschen. „Upcycling“ nennt sich das Neuverwerten alter Dinge. Das ist genau das, was Regina Kutsch auch gerne macht.

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