
Der Technische Beigeordnete Arnold Reeker. In der Ratssitzung am Donnerstag (15. 9.) geht es nicht nur um den künftigen Zuschnitt seines Fachbereichs, sondern auch um seine Rolle im Verwaltungsvorstand. © Stadt Lünen
Ärger im Lüner Rathaus: Arnold Reeker droht Verlust und gleichzeitig Beförderung
Stadtverwaltung
Ob Lünen die umstrittene vierte Beigeordnetenstelle bekommen wird, ist noch nicht entschieden. Dass ein Kritiker der Idee bald eine Schlüsselstelle bekleiden wird, gilt bereits als sicher.
Arnold Reeker (61) hat seinen eigenen Kopf. „Ich bin alles andere als konfliktscheu“, hatte er bereits gesagt, als er noch als Fachbereichsleiter Stadtentwicklung und Bauen in Bad Oeynhausen tätig war. Das hat sich seit den mehr als fünf Jahren als Technischer Beigeordneter in Lünen nicht geändert. Er hält selbst nicht mir Kritik hinterm Berg - egal, ob in Richtung Politik oder Bürgermeister -, muss aber auch regelmäßig Kritik einstecken, insbesondere, weil sein Dezernat Planungsaufträge nicht schnell genug umsetze. Jetzt steht Arnold Reeker vor seinem nächsten Karriereschritt - wieder nicht konfliktfrei.
„Absolut selten“: Reeker contra Verwaltungsvorstand
„Wie viele ja wissen, sehe ich das sehr kritisch.“ Mit diesen Worten hatte Reeker am 1. September auf der Bühne des Hansesaals beim sogenannten Stadtgespräch die geplante Umstrukturierung der Stadtverwaltung angesprochen. In der ersten Reihe im Publikum saß Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns. Zwar stammt der Vorstoß zum Umbau der Führungsebene im Rathaus nicht von ihm, sondern von den Vertretern der großen Koalition aus SPD und CDU. Kritik daran hatte der Bürgermeister aber bislang nicht öffentlich geäußert. Das ist nicht das erste Mal, dass Reeker und sein Vorgesetzter Themen unterschiedlich beurteilen.

Das Technische Rathaus in Lünen (rechts vom zentralen Gebäude) ist der Amtssitz des Technischen Beigeordneten Arnold Reeker. © Hans Blossey
Bei der Neuausrichtung der Gewässerunterhaltung und des Gewässerausbaus in Lünen hatte sich Reeker nicht mit dem übrigen Verwaltungsvorstand - in NRW-Kommunen gehören dazu hauptamtlich bestellte Beigeordneten zusammen mit dem Bürgermeister und dem Chef der Kämmerei - einigen können. Dabei fordert die Gemeindeordnung die „Einheitlichkeit der Verwaltungsführung“. Allerdings gibt sie auch den Ausweg aus dem Zwist vor: „Die Beigeordneten sind berechtigt, ihre abweichenden Meinungen in Angelegenheiten ihres Geschäftsbereichs dem Hauptausschuss vorzutragen“, heißt es unter Paragraf 70, Absatz 4. „Ein absolut seltener Vorgang“, wie auch Reeker selbst einräumte.
Lüner Groko ist unzufrieden mit Reekers Dezernat
Hoheitliche Aufgaben wie die Gewässerentwicklung einem städtischen Tochterunternehmen wie dem Stadtbetrieb Abwasserbeseitigung (SAL) zu übertragen, sei der falsche Weg, sagte Reeker damals. Sie sollten sich lediglich um klar abgrenzbare Aufgabenstellungen kümmern. Die Mehrheit sah das anders. Die Sorge für die Fließgewässer wanderte aus Reekers Dezernat zur SAL. Jetzt soll der streitbare Beigeordnete wieder Aufgaben abgeben. Gleichzeitig erwartet ihn aber eine Beförderung.
Rüdiger Billeb (SPD) und Christoph Tölle (CDU), die Vorsitzenden der beiden größten Fraktionen im Lüner Rat, haben es Reeker in ihrem Antrag, der in der Ratssitzung am Donnerstag (15. 9., 17 Uhr) zur Abstimmung steht, schriftlich gegeben: Sein Dezernat im Technischen Rathaus sei „ob seiner vielfältigen Herausforderungen und Aufgabenstellungen nicht erfolgreich aufgestellt. Hier muss konzentriert und entlastet werden.“ Wie das funktionieren soll?
Vermeintliche Lösung: Konzentration auf Stadtplanung
Die Lösung aus Sicht der Groko ist ein neues Dezernat, das sich - unter Leitung eines bislang weder in der Lüner Hauptsatzung, noch im Haushaltsplan vorgesehenen vierten Beigeordneten - den Bereichen Stadtentwicklung, Klimaschutz und Mobilität widmet. Davon soll sich Reeker trennen. Auch von der Vorbereitung der Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2027. Der Stadtplaner und sein Team sollten sich künftig allein auf die „notwendigen Aufgaben der Stadtplanung“ und auf „Vermessung, Vergabe, Straßenbau, Stadtgrün usw.“ konzentrieren. Eine Beschneidung der Aufgaben, die Reeker nicht schmeckt. Damit ist er nicht alleine.
Angesichts der zu erwartenden zusätzlichen Kosten (die FDP sprach öffentlich unwidersprochen von rund 400.000 Euro jährlich), dem großen Organisationsaufwand und der Unruhe in der Belegschaft haben Grüne, GFL und FDP den Vorstoß der Groko abgelehnt. Zu der bevorstehenden Beförderung von Arnold Reeker haben sie sich noch nicht geäußert. Sie scheint auch alternativlos zu sein.
Reeker ist der einzige verbliebene Kandidat
Reeker soll Erster Beigeordneter und damit allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters werden. Das sieht eine Verwaltungsvorlage vor, die am Donnerstag (15. 9.) ebenfalls zur Abstimmung kommen wird. Die bisherige Amtsinhaberin Bettina Brennenstuhl wird am selben Tag ihren letzten offiziellen Arbeitstag in Lünen haben vor ihrem Wechsel als Hafenchefin nach Dortmund. Und der andere bisherige Beigeordnete, Horst Müller-Baß, ist inzwischen im Vorruhestand. Bleibt als einziger Kandidat für das Amt des stellvertretenden Verwaltungschefs Arnold Reeker.
Wann er sich wieder im Kreis weiterer Beigeordneten-Kollegen finden wird - also von kommunalen Führungskräften, die anders als ihre Kolleginnen und Kollegen im Rathaus für acht Jahre gewählt werden - , ist zurzeit noch offen. Die Stelle von Müller-Baß ist bislang noch gar nicht ausgeschrieben.
Damit hatte sich die Groko in der Sonderratssitzung vor einer Woche durchgesetzt. „Das wäre unfair, die Stelle jetzt auszuschreiben, wenn wir anschließend den Zuschnitt der Dezernate und damit die Zuständigkeiten ändern“, sagt Christoph Tölle (CDU). Der Personalrat der Stadtverwaltung drängt indes darauf, beide vorhandenen und vakanten Beigeordnetenstellen umgehend zu besetzen. Danach könne das neue Führungsteam um Kleine-Frauns und Reeker den „geordneten Prozess für eine inhaltliche Neustrukturierung der Verwaltung starten“.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
