
Sebastian Rühling im März während eines Corona-Spaziergangs. Er hatte die Demo damals angemeldet. © Archiv
Acht Monate Montagsspaziergänge: „Es wird noch lange weitergehen“
Spaziergänge in Schwerte
Um die Montagsspaziergänge in Schwerte ist es ruhiger geworden. Das liegt auch an den aktuell lockeren Corona-Maßnahmen. Ein Ende ist aber nicht in Sicht. Man hat sich thematisch breiter aufgestellt.
Es ist ruhiger um die seit Dezember jeden Montag abgehaltenen Demonstrations-Spaziergänge geworden. Ein Hauptgrund dafür werden wohl die aktuell sehr weichen Corona-Maßnahmen in Deutschland sein. Statt Corona richtet sich die Aufmerksamkeit der Spaziergänger mittlerweile auf eine größere Bandbreite an Themen.
„Haben momentan keine Megafone und Trommeln mehr dabei“
„Die Spaziergänge haben nie aufgehört und starten wie gehabt jeden Montag um 18 Uhr vor dem Schwerter Rathaus“, berichtet Mitorganisator und AfD-Ratsmitglied Sebastian Rühling. 50 Leute bekäme man nicht mehr zusammen, aber ein Kern von etwa 30 Leuten treffe sich nach wie vor zum Wochenbeginn in der Schwerter Innenstadt.
Dass es in der öffentlichen Wahrnehmung ruhiger um die Spaziergänge geworden ist, kann Rühling verstehen: „Wir haben momentan keine Megafone und Trommeln mehr dabei, da auch die Maßnahmen momentan glücklicherweise ruhig sind.“ Sollten die Maßnahmen zum Herbst wieder strenger werden, werde sich auch die Intensität der Spaziergänge wieder erhöhen.
Thematisch hätten sich die Spaziergänge nach Angaben des Mitorganisators aber auch verändert. Statt den Fokus auf Corona zu legen, würden die aktuellen Treffen eher die Sorgen und Ängste aufgreifen, die die Teilnehmer momentan umtreiben: die Energiekrise, der Umgang mit dem Ukraine-Konflikt, Angst vor der Inflation und andere bundes- und weltpolitische Probleme, für die die Politik im Moment keine Lösungen habe.
„Treffen sind von der Partei getrennt“
Organisiert würden die Spaziergänge von einem drei- bis vierköpfigen Team, das sich im Wechsel um die Anmeldung der Demonstrationen kümmere. Auch wenn Rühling in Schwerte als AfD-Ratsmann fungiert, sieht er die Organisation der Spaziergänge nicht als Parteiprojekt. „Die Treffen sind grundlegend von der Partei getrennt, auch wenn manche Teilnehmer ein Parteibuch haben“, so Rühling. „Es werden auf den Veranstaltungen keine Flyer oder ähnliche Parteiwerbung verteilt.“
Die Wahrnehmung der Montagsspaziergänge als AfD-Projekt sei intern ohnehin kein Thema. „Die Vorstellung, dass das ganze eine Parteiveranstaltung ist, kommt eigentlich nur von außerhalb.“
Die Gruppe, die sich jeden Montag vor dem Rathaus versammelt, sei eine durchweg gemischte Gruppe. Das reiche von der jungen Krankenpflegerin, die durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht ihre Anstellungen verloren habe, bis zu älteren Menschen, die die Kriegsangst auf die Straße treibe. Ein Ende der Spaziergänge sei nicht in Sicht: „Wie wir weitermachen, wissen wir noch nicht, aber wir werden uns auf jeden Fall noch lange montags am Rathaus treffen.“
Anmerkung der Redaktion: Neben Problemen, „für die die Politik momentan keine Lösung habe“, philosophiere man, sagte Rühling im Gespräch mit der Redaktion, auch über Themen wie die sogenannten „Chemtrails“. Der Begriff wird seit Jahren im Zusammenhang mit einer Verschwörungstheorie verwendet, die von einer speziellen Art von Kondensstreifen ausgeht. Dabei geht es nicht um kondensierte Flugzeugabgase im normalen Flugbetrieb, sondern um angeblich absichtlich verbreitete Chemikalien und Gifte. Die Verschwörungstheorie gibt es seit den 90er-Jahren. Wissenschaftliche Grundlagen für diese Behauptungen fehlen.
Student für Sozialwissenschaft und Philosophie – gebürtiger Schwerter und Wahl-Dortmunder. Immer interessiert an Menschen aus dem Ruhrgebiet und ihren Geschichten.
