Kreis Unna legt Gehälter seiner Geschäftsführer offen Fünfstellig verdient nur ein Chef

Gehälter der Kreis-Geschäftsführer: Fünfstellig verdient nur ein Chef
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Auf einigen wichtigen Gebieten des täglichen Lebens ist der Kreis Unna als Unternehmen unterwegs: Beim Abfall, beim Verkehr oder auch beim Wohnungsbau hält er wesentliche Anteile an Gesellschaften.

In ihrem Beteiligungsbericht für das Jahr 2023 legt die Kreisverwaltung nun nicht nur die GmbH-Strukturen offen – von den „Aktien“, die sie hält, bis zur Frauenquote in Aufsichtsräten und Gesellschafterversammlungen –, sondern auch die Gehälter der Geschäftsführer ihrer „Töchter“.

Im Kreishaus ist der Landrat Spitzenverdiener

Es sind an der Zahl sechs Gesellschaften, die dem Kreis entweder ganz gehören oder an denen er 40 Prozent und mehr an Anteilen hält und die durch ihr operatives Geschäft einen hauptamtlichen Geschäftsführer in Lohn und Brot haben.

Dazu zählen beim Kreis Unna die Gesellschaft für Wertstoff- und Abfallwirtschaft (GWA) und die Verkehrsgesellschaft VKU, die Unnaer Kreis-Bau und Siedlungsgesellschaft (UKBS), die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG), das Umweltzentrum Westfalen (UWZ) sowie die Gemeinnützige Gesellschaft für Suchthilfe.

Bei der Führung ihrer Gesellschaften bedienen sich Kreis und Kommunen, die wie bei VKU, UKBS und WFG ebenfalls Anteile an den gemeinsamen Gesellschaften halten, in der Regel aus demselben Pool von Fachleuten, die auch von der Privatwirtschaft gesucht werden – dieser Umstand spiegelt sich meistens auch im Gehaltsniveau wider.

Landrat Mario Löhr (r.) präsentiert gemeinsam mit WFG-Geschäftsführer Sascha Dorday in den Räumlichkeiten des Unternehmens in Unna den Geschäftsbericht 2023 der Wirtschaftsförderung Kreis Unna.
Landrat Mario Löhr (r.) ist Aufsichtsratsvorsitzender der WFG – hier im Bild mit dessen Geschäftsführer Sascha Dorday – sowie der VKU und der UKBS. Die Chefs der Unternehmen werden zum Teil höher bezahlt als der Chef der Kreisverwaltung. © Archiv/Marcus Land

Um die Gehälter in ein Verhältnis setzen zu können, bietet sich der Vergleich mit der Besoldung für Landräte in NRW an. Laut der sogenannten Eingruppierungsverordnung richtet sich der Sold nach der Größe des Landkreises, also nach der Zahl der Einwohner. Es gibt zwei Stufen.

Der Kreis Unna fällt in die höhere Kategorie der Kreise mit mehr als 200.000 Einwohnern. Der Landrat erhält hier ein Salär nach der Stufe B7, dies entspricht 10.803,17 Euro monatlich – hochgerechnet also rund 130.000 Euro ohne eventuell zustehende Zuschläge. Im Kreishaus steht Mario Löhr also naturgemäß auch beim Gehalt an der Spitze – ihm unterstehen mehr als 1.400 Beschäftigte.

GWA-Geschäftsführer beim Gehalt Spitze

Spitzenreiter unter den Geschäftsführern der Kreis-Gesellschaften ist hingegen Andreas Gérard, der bis vor einigen Wochen die Geschicke der GWA leitete. Seine Gesamtbezüge betrugen 2023 nach Angaben im Beteiligungsbericht rund 267.650 Euro. Die GWA erwirtschaftete 2023 einen Überschuss von 1,45 Millionen Euro nach noch 3,01 Millionen Euro im Jahr zuvor. Die GWA hat 118 Beschäftigte.

Der Kreis Unna hält über seine Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft (VBU) 100 Prozent an der GWA GmbH. Andreas Gérard hat die GWA vorzeitig per Auflösungsvertrag zum Oktober 2024 verlassen, sein Vertrag lief eigentlich noch bis 2026.

Etwas komplizierter ist das Geflecht bei der VKU. Der Kreis Unna ist über seine VBU mit 14,29 Prozent an der WVG beteiligt. Geschäftsführer André Pieperjohanns führte unter dem Dach der Westfälischen Verkehrsgesellschaft (WVG) die Geschäfte von mehreren Verkehrsgesellschaften gleichzeitig.

Pieperjohanns erhielt laut Beteiligungsbericht für das Jahr 2022 rund 218.463 Euro Gehalt. Auch er wurde vorzeitig – nach einer internen Kompetenzüberschreitung – zum 29. Februar 2024 von seinen Aufgaben entbunden. Die VKU hat 272 Beschäftigte; sie weist 2023 einen Fehlbetrag von rund 13,1 Millionen Euro aus.

Im Beteiligungsbericht für das Jahr 2023 werden für die Geschäftsführung nun lediglich Bezüge in Höhe von 445,24 Euro angegeben; Kreisdirektor Mike-Sebastian Janke war bereits ab dem 15. Dezember 2023 interimsweise mit in die Geschäftsführung eingestiegen, Pieperjohanns 2023 aber ebenfalls noch im Amt.

Chefs von UKBS und WFG auf Plätzen 3 und 4

Wiederum eine andere Konstellation herrscht bei der UKBS. Der Kreis Unna hält mit 40,84 Prozent die meisten Anteile, neben der Stadt Hamm sind daneben noch sieben der zehn kreisangehörigen Kommunen Anteilseigner.

Geschäftsführer Matthias Fischer erhielt 2023 Bezüge in Höhe von 196.939 Euro. Der Personalbestand der UKBS lag bei 38 Mitarbeitern und drei Azubis. Das Unternehmen erwirtschaftete einen Überschuss von 683.300 Euro, der zum großen Teil an Kreis und Kommunen ausgeschüttet wird.

An der WFG hält der Kreis Unna über seine Beteiligungsgesellschaft ebenfalls 40 Prozent der Anteile. Sämtliche kreisangehörigen Kommunen sind mit unterschiedlich hohen Einlagen ebenfalls beteiligt.

Zum Thema

Wirtschaftliche Betätigung der Kommunen

  • Wirtschaftliche Betätigung ist Kommunen unter Bedingungen ausdrücklich gestattet: Es muss immer ein öffentlicher Zweck erfüllt werden und es muss ausgeschlossen sein, dass Privatunternehmen die Aufgaben nicht besser oder wirtschaftlicher erfüllen können.
  • Diese Einschränkung gilt nicht für die Wasserversorgung, den öffentlichen Verkehr sowie den Betrieb von Leitungsnetzen und Dienstleistungen der Telekommunikation.
  • Von vornherein nicht als wirtschaftliche Betätigung der Kommunen gelten alle Aufgaben, zu denen die öffentliche Hand gesetzlich ohnehin verpflichtet ist; auch bei der Wirtschaftsförderung, beim Umweltschutz und in der Abfallwirtschaft können sich Kommunen ohne Restriktionen betätigen.
  • Statt einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform, also z.B. eines Eigenbetriebs oder einer Anstalt öffentlichen Rechts, kann auch eine privatrechtliche Gesellschaft gegründet werden.
  • Die wichtigsten Bedingungen sind hierbei, dass die Haftung der Kommune beschränkt ist, sie sich nicht zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter Höhe verpflichtet und dass sie Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann, vor allem durch ein Überwachungsorgan, meist in Form eines Aufsichtsrates, in dem Vertreter aus Politik und Verwaltung sitzen.

Für Geschäftsführer Sascha Dorday werden für 2023 Bezüge in Höhe von 137.000 Euro ausgewiesen. Die WFG beschäftigt 28 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Ergebnis nach Steuern ist bei der WFG negativ und liegt bei einem Fehlbetrag von rund 2,5 Millionen Euro. Der Kreis hat rund 1,1 Millionen Euro ausgeglichen.

Gemeinsam mit dem Regionalverband Ruhr (RVR) engagiert sich der Kreis Unna in der Förderung von Natur und Landschaftspflege. Stein gewordener Ausdruck für diese Tätigkeit ist die Ökologiestation auf dem ehemaligen Hof Schulze-Heil in Bergkamen. Bespielt wird der Ort von der Umweltzentrum Westfalen GmbH.

Geschäftsführer von Umweltzentrum ebenfalls „sechsstellig“

Gesellschafter sind je zur Hälfte der Kreis und der RVR. Der Meeresbiologe und Sozialtherapeut Oliver Wendenkampf ist seit Mai 2022 neuer Geschäftsführer, er löste den langjährigen Chef Ralf Sänger ab.

Wendenkampf erhielt 2023 Bezüge in Höhe von 108.000 Euro. Das Umweltzentrum hat sechs Angestellte und zwei gewerbliche Arbeiter in seinen Diensten. Das Geschäftsjahr schloss mit einem Überschuss von 46.302 Euro ab. Einnahmen erzielt die Ökologiestation vor allem aus Vermietung und Verpachtung.

Etwas aus der Reihe bei den Gesellschaften des Kreises Unna fällt die gemeinnützige Gesellschaft für Suchthilfe, an der er 100 Prozent der Geschäftsanteile hält. Es werden ausschließlich mildtätige Zwecke verfolgt, die Erzielung von Gewinn ist nicht beabsichtigt.

Im Jahr 2023 war der Ende Mai 2024 in den Ruhestand gegangene langjährige Leiter des Kreisgesundheitsamtes Josef Merfels noch qua Amt zweiter Geschäftsführer neben Walter Köpp-Farke. Die Geschäftsführung der Suchthilfe erhielt laut Beteiligungsbericht Bezüge von insgesamt 76.500 Euro.

Für die Suchtberatung sind 15 Beschäftigte im sozialdienstlichen Bereich sowie acht im verwaltenden und kaufmännischen Bereich tätig. Die Gesellschaft hat 2023 einen Fehlbetrag von rund 3.290 Euro eingefahren.