Wilfried Busch (53) ist nicht nur Verbandsdirektor im Sportcentrum Kaiserau in Kamen, sondern auch ein großer Fan von Bayer Leverkusen. Bevor er 2017 als Geschäftsführer an die Verwaltungsspitze des zweitgrößten DFB-Landesverbands wechselte, kümmerte er sich bei dem Bundesligisten ums Marketing. Den Meistertriumph seines Klubs erlebte Busch am Sonntag selbst in der BayArena mit. Dabei trug er einen Meisterschal aus dem Jahr 2000, den es eigentlich gar nicht geben dürfte. Die kuriose Geschichte erzählt er im Telefoninterview auf dem Weg in die DFB-Zentrale in Frankfurt, wo am Montag (15.4.) eine Tagung der Verbandsgeschäftsführer und Präsidenten ansteht.
Herr Busch, wo waren Sie am Sonntag, als Bayer 04 den Vizekusen-Titel endgültig abgelegt hat?
Ich war schon drei Stunden vorher am Stadion. So wie die 70.000 bis 80.000 Menschen, die sich schon Stunden vorher rund um die BayArena aufgehalten haben.
Ich habe ja früher zehn Jahre bei Bayer 04 gearbeitet. Daher kommt auch meine Nähe zu diesem Verein. Ich habe mich mit Freunden und langjährigen Kolleginnen und Kollegen getroffen.
Ins Stadion ging es dann in voller Fan-Montur?
Mit Trikot und mit dem Schal, der seit 24 Jahren auf seine Bewahrheitung wartet, nämlich der Deutsche-Meister-2000-Schal, der leider Gottes nicht produziert werden konnte, weil es diesen komischen Münchner Vorort aus Unterhaching damals gab.
Moment, Sie besitzen einen der im Jahr 2000 vorbereiteten Meisterschals, die dann bekanntlich nicht verkauft werden konnten?
Genau, exakt.
Damals verfehlte Bayer 04 im Spiel gegen Aufsteiger Unterhaching die Meisterschaft – auch durch Michael Ballacks Eigentor. Das war die Zeit, als der Vizekusen-Mythos geboren wurde....
Ich war damals für den Fanshop verantwortlich. In dieser Zeit haben wir eine Menge Kollektionen mit der Deutschen Meisterschaft erstellt, durften sie dann natürlich nicht verkaufen. Ein Belegexemplar davon ist bei mir zu Hause gelandet, und dieses Belegexemplar wartet seit 24 Jahren darauf, dass es wahr wird. Mit Ausnahme der Jahreszahl.

Die anderen Lizenzprodukte wurden damals vernichtet oder verschenkt?
Das musst du vernichten. Was darauf steht, ist ja nicht wahr. Sie haben mich dann relativ regelmäßig an der Müllverbrennungsanlage in Leverkusen gesehen. (lacht)
5:0 gegen Werder Bremen: Wie fest haben Sie geglaubt, dass die Meisterschaft schon am Sonntag klappen würde?
Da sind natürlich zwei Dinge: So wie Bayern 04 auftritt und so wie Werder Bremen die letzten fünf Spiele aufgetreten ist, war ich mir schon ziemlich sicher. Aber ich bin auf der anderen Seite so Vizekusen-geschädigt: Ich habe in den zehn Jahren, in denen ich dort gearbeitet habe, selber sechs Vize-Titel erleben dürfen – erleben müssen. Deshalb kann ich meinem ehemaligen Chef Rainer Calmund nur beipflichten: Ich lasse die Glückwünsche erst zu, wenn es definitiv sicher ist.
Wie emotional war es im Stadion?
Natürlich bin ich mit einem ganz tollen Gefühl ins Stadion gegangen, und natürlich habe ich gesagt: Wenn es heute nicht klappt, dann schaffen wir es eben nächste Woche in Dortmund oder übernächste Woche zu Hause gegen Stuttgart. Aber trotzdem: Das 1:0 war mir noch zu dünn. Als das 2:0 fiel, da wurde ich dann entspannter.

Nach dem 4:0 durch Florian Wirtz sind zahlreiche Fans auf den Rasen gelaufen. Sie auch – oder waren Sie zu weit vom Rasen entfernt?
Nein, ich war ganz zentral hinterm Tor, aber etwas oberhalb, im Sitzbereich, wobei wir schon alle 90 Minuten gestanden haben. Und nein, ich habe keinen Platzsturm gemacht. (lacht)
Dann das 5:0 und der Abpfiff. Wie war dieser Moment? Sind Freudentränen geflossen, sind Sie sich in die Arme gefallen – und gab es ein fröhliches Besäufnis?
Das alles, mit Ausnahme des letzten, denn ich musste am Montagmorgen schon sehr früh wieder los, um pünktlich beim DFB in Frankfurt zu sein.
Es gibt ja zwei Möglichkeiten: Du gehst entweder völlig aus dir raus oder du setzt dich hin und lässt das alles erst einmal so geschehen. Ich bin wirklich eingesackt und dann auch ein bisschen ziellos durch Leverkusen gelaufen, habe irgendwann meine Frau angerufen, sie möge mich abholen. Dann habe ich mich irgendwo auf einen Stein gesetzt und dann sind tatsächlich Tränen geflossen.
Da merkt man schon: Wer immer, immer, immer nur Zweiter wird und dann erlebt, wie es endlich passiert....
(Busch stockt, emotional ergriffen)
Wenn ich Ihnen das jetzt so berichte, dann passiert etwas. Ich merke, ich bin noch nicht so weit, dass man sagt: Ich bin gestern halt Meister geworden. Dafür war der Weg einfach zu lang.
Eine emotionale Geschichte, die Sie erleben! Wie klang der Tag des Triumphes für Sie aus?
Ich bin um 2 Uhr ins Bett gegangen. Vorher musste ich noch für den FLVW ein paar Sachen wegen der Europameisterschaft erledigen. Aber dann habe ich mir zu Hause natürlich noch ein Bierchen aufgemacht...