
Ein Haus nach dem anderen rund um den Marktplatz kommt in den Verkauf. Um diese Stadtvilla kümmert sich Markus Brutzki. © M. Drawe, S. Milk, M. Klose
Stadtvilla am Marktplatz in Kamen: Ist eine halbe Million Euro drin?
Wohnen in Kamen
Immobilienbesitzer rund um den Marktplatz in Kamen sind offenbar in Verkaufslaune. Derzeit wird ausgelotet, ob eine 170 Jahre alte Stadtvilla knapp eine halbe Million Euro bringt.
Am Marktplatz in Kamen könnte sich nach mehreren Immobilien-Deals ein weiterer Eigentümerwechsel anbahnen. Nachdem in jüngster Zeit einzelne Häuser an zentraler Stelle den Besitzer gewechselt haben, kommt jetzt eine weitere Immobilie aus dem Herzen der Stadt in den Verkauf. Knapp eine halbe Million Euro wird für eine Stadtvilla auf der Nordseite des Marktplatzes aufgerufen. Das ist – gemessen an Kamener Verhältnissen – ein rekordverdächtiger Preis für ein immerhin 170 Jahres altes Objekt.
Bedingt durch die Lage zwischen der Gaststätte „To Tavernaki“ und dem Pressehaus des Hellweger Anzeigers läuft die nun angebotene Immobilie aus dem 19. Jahrhundert offiziell als „Reihenmittelhaus“. Der verbreiteten Vorstellung eines typischen kleinen Reihenhauses in Kamen dürfte das denkmalgeschützte Gebäude, Baujahr um 1850, mit Elementen des Klassizismus und Jugendstils, allerdings kaum entsprechen.
Das zeigt sich schon bei der mit 280 Quadratmetern großzügig bemessenen Wohnfläche, die sich auf drei Etagen und zehn Zimmer verteilt, unter anderem vier Schlafzimmer und zwei Badezimmer.
Zuletzt befand sich in dem größtenteils renovierten Altbau neben zwei Wohnungen auch ein Kosmetikstudio, sodass der Makler Markus Brutzki das Objekt den potenziellen Käufern fürs „Büro und Wohnen unter einem Dach“ empfiehlt. Wer sich von weiterem Investitionsbedarf („Heizung ist funktionstüchtig, aber kurz oder lang mal auszutauschen“) nicht abschrecken lässt, muss laut Preisinformation 490.000 Euro hinblättern.
Zur Einordnung: Durchschnittlich wechselte ein Reihenmittelhaus in Kamen im vorigen Jahr für etwas über 250.000 Euro den Besitzer, wie dem aktuellen Grundstücksmarktbericht des Kreises Unna zu entnehmen ist. Die durchschnittlichen Verkaufspreise sind im Berichtszeitraum seit 2017 deutlich angezogen. Sie lagen zwischen knapp unter 150.000 und 200.000 Euro.
Sofern die Immobilie am Markt 18 als „große Villa mit Charme und Geschichte“ bezeichnet wird, hat diese Formulierung einen bitteren Beigeschmack. Ein dunkles Kapitel der Geschichte ist mit dem Haus verbunden. Die jüdische Familie Wolf, die dort ab 1924 wohnte, wurde von den Nationalsozialisten verfolgt. Dem 1938 gestorbenen Besitzer Adolf Wolf ist ein Gedenkstein („Stolperstein“) vor dem Haus gewidmet.
Auf die Geschichte und Architektur des um 1850 erbauten Hauses weist auch eine erklärende Tafel links vom Eingangsportal hin. Und ein Äskulapstab an der Fassade lässt erkennen, dass dort einst ein Arzt praktizierte.
Über konkrete Interessenten der architektonischen Perle ist bislang nichts bekannt. Zuletzt hatten mehrere Häuser rund um den Marktplatz den Eigentümer gewechselt. André und Patricia Brust erwarben ein Fachwerkhaus auf der Südseite und restaurieren es derzeit. Michael Nosiadek („Alte Apotheke“) fügte seinem Besitz in zentraler Innenstadtlage kürzlich u.a. das Arkadenhaus mit „Pama‘s Café“ hinzu, das nun renoviert wird, und nahm auch auf die ehemalige Gaststätte „Weißes Rössl“ ins Visier.
Jahrgang 1973, aufgewachsen im Sauerland, wohnt in Holzwickede. Als Redakteur seit 2010 rund ums Kamener Kreuz unterwegs, seit 2001 beim Hellweger Anzeiger. Ab 1994 Journalistik- und Politik-Studium in Dortmund mit Auslandsstation in Tours/Frankreich und Volontariat bei den Ruhr Nachrichten in Dortmund, Lünen, Selm und Witten. Recherchiert gern investigativ, zum Beispiel beim Thema Schrottimmobilien. Lieblingssatz: Der beste Schutz für die liberale Demokratie ist die Pressefreiheit.
