Wirtschaft in Kamen

Run auf Kaminöfen bei Rekordhitze: „Hier ist die Hölle ausgebrochen“

Drückende Rekordhitze und trotzdem ein Run auf Kaminöfen, die ein warmes Zuhause versprechen. „Hier ist die Hölle ausgebrochen“, berichtet Georg Boldt vom Kaminofenhandel „Flammenträume“.

Kamen

, 18.07.2022 / Lesedauer: 4 min

Georg Boldt hat so etwas noch nicht erlebt. „Hier ist die Hölle ausgebrochen“, sagt der 62-jährige Unternehmer aus Kamen mit Blick auf die Nachfrage nach seinen Kaminöfen.

Der Kaminofenhandel „Flammenträume“, den er zusammen mit seinem Geschäftspartnern Annette und Uwe Dräger führt, liegt in bester Lage direkt neben dem Möbelriesen Ikea im Kamen-Karree. Boldt und seine zwölf Mitarbeiter, Verkäufer und Monteure, können die vielen Anfragen kaum abarbeiten. Deswegen ist montags zurzeit bis auf Weiteres geschlossen – auch am zweiten Standort in Hagen. „Wir brauchen den Tag, um die Anfragen auf unserem Anrufbeantworter abzuarbeiten. Und die zahlreichen E-Mails, die zurzeit eingehen“, sagt Boldt. Was auf der Internetseite als Ruhetag angegeben ist – für Boldt und seine Mitarbeiter ist das in Wirklichkeit ein praller Arbeitstag.

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Nach Schneekatastrophe 2005 ähnliche Nachfrage

Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und der seitdem rasant steigenden Energiepreise gelten die Kaminöfen als eine schnell zu verwirklichende Übergangslösung, um im kommenden Winter ein warmes Zuhause zu haben. „Alle haben Angst, dass ihnen Gas, Öl und Strom abgedreht werden“, weiß Boldt aus den vielen Kundengesprächen. Eine ähnliche Nachfrage hatte es lediglich im Jahr 2005 gegeben, als durch die Schneekatastrophe riesige Strommasten brachen und die Versorgung ganzer Ortschaften im Münsterland abriss. „Kauft Öfen, hieß es damals – und damit wurde eine richtige Welle ausgelöst.“

Georg Boldt mit Antje Boldt, die in dem Geschäft im Kamen-Karree berät. Montags ist das Geschäft jetzt geschlossen, um all die Anfragen nach Kaminöfen zu beantworten. © Stefan Milk

Bereits seit 42 Jahren im Kaminofen-Einsatz

Die Nachfrage in dem Schneechaos-Jahr indes war örtlich begrenzt – der jetzige Boom hat das ganze Land erfasst. Boldt kann auf Vergleichbares nicht zurückblicken. Und das, obwohl der schon seit 42 Jahren im Geschäft ist. In den Anfangsjahren montierte er die Öfen noch selbst und war dabei noch mit seinem für damalige Verhältnisse geräumigen Opel Omega unterwegs, ein Modell, das im Spätsommer 1986 als Nachfolger des Opel Rekord auf den Markt kam. „Und ein Anhänger war auch dran“, erinnert er sich.

Dann ging es aus der Kamener City zunächst ins Gewerbegebiet am Zollpost. Manche werden sich an das Fertighaus aus Holz und Glas, das von der Unnaer Straße zu sehen war, erinnern. Mit der Erschließung des Kamen-Karrees sicherten sich Boldt und Dräger dann das wohl begehrteste Stück Land, das man als Gewerbetreibender haben kann: Die Fläche am Kamener Kreuz neben Ikea. „Egal, wo ich bin – in den bayerischen Alpen oder an der Nordsee. Wenn ich Kamener Kreuz und Ikea sage, dann kennt das jeder.“

Das wohl begehrteste Stück Land, das man als Gewerbetreibender haben kann: die Fläche am Kamener Kreuz neben Ikea. Der Kaminofenhandel „Flammenträume“ ist eines der Unternehmen, die zu den ersten im Kamen-Karree gehörten. © Stefan Milk

Statt Gemütlichkeit nun pragmatische Ausrichtung

Die Energiekrise ändert die Einstellung der Deutschen zum Kaminofen. Was in der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit ganz unsentimental zum Heizen genutzt wurde, veränderte sich zum Lifestyle-Produkt für Gemütlichkeit, „um ganz behaglich das Feuer anzugucken“, wie Boldt sagt. Jetzt drehe sich das wieder – und das Heizen rücke wieder mehr in den Blickpunkt. „Vor allem bei der älteren Generation. Die können sich noch erinnern, dass es auch einmal andere Zeiten gab.“ Die Kaminöfen seien nicht nur wegen Heizens nachgefragt, sondern auch, weil man damit Kochen kann. „Dann kann man sich auch mal ein Spiegelei machen – oder warmes Wasser zum Baden.“

Moderne Öfen mit eigener Elektronik und „Blauem Engel“

Seit er den Opel Omega eingemottet hat, ist auf dem Kaminofen-Markt ebenso viel passiert wie auf dem der Autoindustrie. Die Kaminöfen gibt es in allen Ausführungen, von der historischen Küchenhexe mit Herdplatte über den klassischen Kronenofen aus Norwegen bis zum stylischen Produkt aus Deutschland. Moderne Öfen haben ihre eigene Elektronik, die über eine Powerbank aktiviert werden kann. „Das sind intelligente Feuer. Der Ofen stellt sich von selbst auf den Schornstein ein“, so Boldt. Die Öfen, die nach seinen Angaben über einen Katalysator „supersauber“ verbrennen, wenn die Luftzufuhr optimal eingestellt wird – und teilweise mit dem „Blauen Engel“ zertifiziert sind.

Das Problem, so Boldt, sei oftmals nicht der Kaminofen. „Das Problem steht dann vor dem Ofen.“ Dann, wenn zu feuchtes Holz verbrannt wird oder schlecht aufgeschichtet. Probleme, die man, falls überhaupt, aber nur einmal mache: „Immer wenn man einen Fehler macht, dann wird man dafür bestraft – indem man putzen muss“, sagt er. Zu feuchtes Holz hinterlässt beispielsweise ein feste Schicht schwarzen Rußes.

Das Jahresziel jetzt schon erreicht

Egal ob Küchenhexe, Kronenofen oder Design-Produkt: Boldt stellt sich weiter auf große Nachfrage ein. Er hat sich so sehr eingedeckt, auch mit Anschlussrohren, sodass er wohl, Stand heute, Aufträge bis in den Dezember annehmen kann. „Das Gute ist, dass wir vorgesorgt haben.“ In guten Jahren hat er bisher jeweils etwa 800 Kaminöfen verkauft. Das dürfte dieses Jahr deutlich mehr sein. „Wir haben unser Jahresziel jetzt schon erreicht.“

Ein Video über den Kaminofen-Boom gibt es unter www.hellwegeranzeiger.de

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