Rudolf Broer war noch Kind, als er auf dem kleinen Schwarzweiß-Fernseher im Wohnzimmer seiner Eltern verfolgte, wie Bergleute mit einer Dahlbusch-Bombe aus der Tiefe gerettet wurden. Das Grubenunglück am 24. Oktober 1963 ging bekanntlich als Wunder von Lengede in die Geschichtsbücher ein, als nach 14 Tagen die kaum für möglich gehaltene Rettung von elf eingeschlossenen Bergleuten erfolgte. „Da wurde mir bewusst, was Bergleute für Helden sind.“
Es ist also kein Zufall, dass das neue Gebäude im Technopark, das direkt neben dem Fördergerüst der früheren Zeche Monopol steht, so viele Anlehnungen an den Bergbau hat. Broer, nunmehr 65 Jahre alt, ist Gründer und Inhaber der Firma RTB, die dort das ungewöhnliche Gebäude bauen ließ. „Als wir den Standort von der Stadt Kamen erhielten, war mir sofort klar, dass das neue Gebäude diese Elemente aufnehmen muss.“

Spitzwinklige Bauweise durch abgeschrägte Fassaden-Überdachung
Das Gebäude nimmt durch die spitzwinklige Bauweise der abgeschrägten Fassaden-Überdachung die Neigung des benachbarten Fördergerüstes auf – wie bei Kamens rostrotem Industriedenkmal beträgt der Winkel, so maßen die Bauingenieure ganz genau nach, exakt 68,5 Grad.
Die Fassade besteht zu großen Teilen aus Klinkersteinen, die Farbe und Form der benachbarten Fördermaschinenhalle aufnehmen. Große Platten, sogenannte Alu-Verbund-Platten, tragen durch Digitaldruck die rostrote Farbe des Fördergerüsts. Das Bürogebäude mit postmontanem Charme bildet im Schatten des Förderturms ein architektonisches Glanzlicht.

Panorama eines Bergwerksschachts auf Schiebetür fixiert
Das Gebäude ist aber nicht nur von außen ungewöhnlich, sondern auch von innen. Broer zeigt die inneren Qualitäten bei einem Rundgang mit unserer Redaktion. Da gibt es die elektrische Schiebetür, auf der in voller Breite ein Panorama eines Bergwerksschachts zu sehen ist. Da sind Tische, die Glaseinsätze haben, in denen gut sichtbar Grubenlampen, Koks- und Kohlestücke liegen.
Und deutlicher als in der sogenannten Steiger-Bar können die Anspielungen auf Kamens Bergbau-Vergangenheit nicht sein – das in der Theke verarbeitete schwarze Gold der Bergarbeiter vermengt sich dort mit Computer-Platinen. „Und damit schlagen wird die Brücke dann zu uns“, sagt der Firmenchef lachend.

Ultramoderne Ampeltaster leuchten im ganzen Farbspektrum
Denn freilich nicht der Bergbau ist das Metier von RTB. Die im Jahr 2004 gegründete Firma mit Sitz in Bad Lippspringe, die insgesamt 140 Mitarbeiter beschäftigt, stellt digitale Produkte für den Straßenverkehr her – beispielsweise Ampeltaster für Fußgänger und Radfahrer. Ein weiteres bekanntes Produkt, das man auch von der Lünener Straße her kennt: Die sogenannten Dialog-Displays, die Autofahrer zum Langsam-Fahren auffordern und dann mit grün leuchtenden Smileys belohnen.
Diese Dialog-Displays sieht man auch in dem Ausstellungsraum, einem sogenannten Showroom, im Erdgeschoss, wo auch ultramoderne Ampeltaster zu sehen sind, die bei der Anforderung im ganzen Farbspektrum aufleuchten. „Leider hat sich diese Entwicklung nicht durchgesetzt“, sagt Broer mit Blick auf das in Kamen entwickelte Produkt.

Ungewöhnliches Arbeitsumfeld als Lockmittel für hochqualifiziertes Personal
In der Tat werden alle Produkte, die RTB auf den Markt bringt und bis nach Hongkong exportiert, in Kamen entwickelt. Im neuen Technopark-Gebäude sollen einmal bis zu 40 Entwickler und IT-Experten sitzen, die neue Produkte für das Unternehmen entwickeln. Zunächst sind etwa 20 Mitarbeiter aus den bisherigen Büros im Gründerzentrum in das neue Haus umgezogen.
Broer setzt darauf, dass das dort ungewöhnliche Arbeitsumfeld auch weiteres hochqualifiziertes Personal nach Kamen lockt. „Architektur wirbt auch für eine Firma“, sagt er. Egal ob Steiger-Bar, an der es abends auch mal ein Bier gibt, oder andere Vorzüge: Die umworbenen Mitarbeiter sollen sich im Betrieb wohlfühlen. Sie dürfen sich im Schatten des Förderturms wie Helden fühlen.
