
David Drüker vom Elektrobetrieb Drüker hat vom Laden aus einen guten Blick auf den Dorfkern. Der Elektro-Fachmann: „Das Dorf ist nicht so schlecht, als dass man dafür nicht alles in die Waagschale werfen sollte.“ © Carsten Janecke
Nach Aus für Bäckerei Albert in Heeren: „Sitzen nicht weinend im Kreis“
Wieder ein Rückzug aus der Ortsmitte
Erst Rückzug von Sparkasse und Volksbank, jetzt die Aufgabe der Bäckerei Albert. Trotz Rückschläge kommt bei Händlern und Gastronomen kein Verzagen auf. „Wir sitzen jetzt nicht weinend im Kreis.“
Die üppig blühenden Körbe auf der Märkischen Straße leuchten in der Sonne und setzen kraftvolle Farbtupfer über Heerens Dorfkern, in dem nach dem Rückzug der Sparkasse Unna-Kamen, der Volksbank Kamen-Werne eher Tristesse eingekehrt ist. Nun hat überraschend auch noch die Bäckerei Albert geschlossen.
David Drüker vom gleichnamigen Elektrobetrieb hat von seinem Laden aus einen guten Überblick auf die Straße. Der 36-jährige Elektro-Fachmann weiß um die kritische Entwicklung, sagt aber auch: „Das Dorf ist nicht so schlecht, als dass man dafür nicht alles in die Waagschale werfen sollte.“
Als Vorstandsmitglied des Gewerbevereins „Wir in Heeren“ tut er das auch. „Und wir sitzen dort jetzt nicht alle weinend im Kreis und tun nichts“, sagt er beispielsweise mit Blick auf die Vorbereitung des Heerener Sommers am 12. und 13. August.

Rubens de Rosso an der Eismaschine im Eiscafé Scarzanella an der Märkischen Straße, wo man deutlich merkt, dass nach dem Rückzug von Sparkasse und Volksbank weniger Kundschaft da ist. © Carsten Janecke
Weniger Laufkundschaft ohne Sparkasse und Volksbank
Auch Gastronomin Wilma Battistin tut etwas. Täglich lässt sie die Rollläden ihres Eiscafés hoch, das seit 55 Jahren den Namen „Scarzanella“ trägt, um dann mit ihrem Partner Rubens de Rosso fruchtige Eiskugeln von Pfirsich bis Salzkaramell zu verteilen. Seitdem Sparkasse und Volksbank nicht mehr da sind, gebe es allerdings, so stellt die Eis-Wirtin fest, deutlich weniger Laufkundschaft. „Die Parkplätze sind frei, das ist traurig“, sagt Battistin, die sozusagen in der kleinen Eisdiele, deren Tische mit Rosmarin-Bäumchen apart hergerichtet sind, aufgewachsen ist – und sie hat erlebt, wie sich die Menschen verändert haben. „Es sind nicht mehr so viele Leute unterwegs wie früher. Sie haben alles zuhause im Garten, können sich dort zurückziehen.“ Die Impulse, die Sparkasse und Volksbank bisher noch setzten, würden jetzt aber fehlen. „Dass sich dagegen eine kleine Bäckerei nicht mehr halten kann, das kann ich durchaus verstehen.“ Battistin blickt zuweilen sorgenvoll auf die Straße: „Was soll aus uns werden?“, fragt sie sich dann.

Gabi Schulte und Stefanie Thielen von der Buchhandlung „Willi Schulte“ an der Mittelstraße 12 schätzen trotz der Veränderungen in der Dorfmitte den Zusammenhalt der Händler – der sich durch die Organisation des Heerener Sommers am 12. und 13. August manifestiert. © Carsten Janecke
Buchhandlung Schulte: „Der Zusammenhalt ist groß“
In ihrer Nachbarschaft liegt das ultimative Traditionsgeschäft des Dorfkerns, die Buchhandlung Willi Schulte, in der sich Generationen von Heerenern mit Büchern, Schulheften und Spielzeug versorgten. Auch von dort aus sieht man kritisch auf die Entwicklung, vertraut aber auf die Kraft der Händlergemeinschaft, sich diesem Trend entgegen stemmen zu können. „Der Zusammenhalt ist hier groß“, sagt Buchhändlerin Stefanie Thielen.
Der Familienbetrieb, der auch ein Reisebüro hat und bundesweit Kommunen mit Schulbedarf versorgt, ist breit aufgestellt, um den dörflichen Standort zu halten. Und es gibt die Zuversicht, dass die jetzt verwaisten Standorte auch wieder mit Leben füllen.
Das hofft auch der frühere Bäckermeister Helmut Brand, Vorgänger der Bäckerei Albert. „Der Standort in der Dorfmitte ist sehr gut. Kollegen haben mich immer darum beneidet.“ Er will versuchen, wie er ankündigte, seine Kontakte spielen zu lassen, damit dort ein Nachfolger gefunden werden kann.

David Drüker in dem Elektrogeschäft an der Märkischen Straße. Das Vorstandsmitglied im Gewerbeverein "Wir in Heeren-Werve" blickt zwar kritisch auf die Entwicklung in der Dorfmitte, sagt aber auch: "Wir sitzen jetzt nicht alle weinend im Kreis und tun nichts." © Carsten Janecke
Hoffnung auf neue Strahlkraft durch Sparkassen-Rückkehr
Die Hoffnung im Dorfkern ist, dass sich mit dem angekündigten Neubau des Sparkassengebäudes neue Strahlkraft entfalten wird, auch wenn das noch einige Jahre dauern wird. „Es sind wohl auch kleinere Geschäftslokale vorgesehen, sodass es auch wieder einen Konditor, Metzger oder Schuhgeschäft geben könnte“, hofft Drüker. Er ist überzeugt, dass Heeren immer noch das Potenzial hat, dass derlei Geschäfte überleben können. „Der Wandel der Zeit spricht gegen kleinere Läden im Dorf, aber es gibt einige, die auch dagegenhalten.“ Auch der jetzt geplante Heerener Sommer soll zeigen, dass Heeren nicht tot ist. „So etwas zu organisieren, das macht man mal nicht so eben.“
Wieder Obst und Gemüse in der Dorfmitte
Und es gibt eine weitere positive Entwicklung, die für etwas Belebung sorgt. Ein Obst- und Gemüsehändler, der mit seinem mobilen Stand seit einigen Wochen dienstags und mittwochs für einige Stunden auf dem neugestalteten Platz mit der gelben Bank in Form des Einhorns, dem Heerener Wappentier, steht. „Dort müssen aber auch die Leute hingehen und einkaufen – damit das Angebot angenommen wird“, mahnt Drüker. Das hat Wilma Battistin bereits getan – und dort frisches Obst für ihre schmackhaften Fruchtbecher besorgt. „Das ist superschön“, sagt sie.
Jahrgang 1968, aufgewachsen in mehreren Heimaten in der Spannbreite zwischen Nettelkamp (290 Einwohner) und Berlin (3,5 Mio. Einwohner). Mit 15 Jahren erste Texte für den Lokalsport, noch vor dem Führerschein-Alter ab 1985 als freier Mitarbeiter radelnd unterwegs für Holzwickede, Fröndenberg und Unna. Ab 1990 Volontariat, dann Redakteur der Mantelredaktion und nebenbei Studium der Journalistik in Dortmund. Seit 2001 in Kamen. Immer im Such- und Erzählmodus für spannende Geschichten.
