Das Kamener Kreuz wird mit Europas größtem Schnellladepark zum El Dorado der E-Mobilität. Bei Tesla stoppen schon jetzt Elektroautos im Minutentakt. Die Fahrer teilen dort ihre Erfahrungen.

Kamen

, 06.05.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Robert Landwehr stoppt am Kamener Kreuz. Sein schnittiger Tesla des Typs Model 3 hängt an der Zapfsäule für Strom. Am sogenannten Supercharger lädt nicht nur der Firmenwagen auf.

Auch der 47-jährige Frankfurter, der Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken bei der Firma CertEstate ist, hat Zeit, etwas Energie zu tanken. „Man muss sich vorher etwas mehr Gedanken machen, wenn man ein Elektrofahrzeug fährt“, sagt er. „Man fährt nicht einfach planlos drauf los!“

Unterbrechung für etwa eine halbe Stunde

Dass er jetzt seine Fahrt, die früh am Morgen in Frankfurt startete, in Kamen für etwas mehr als eine halbe Stunde unterbrechen muss, macht ihm nichts aus. „Autofahren strengt an.“ Er sitzt im Auto mit Blick auf das geschlossene Burger-Restaurant, Connies Diner, und fährt sozusagen auch selbst kurz noch einmal runter, bevor er seine Termine in Dortmund und Lünen ansteuert.

Für kurze Zeit ist der Parkplatz ganz leer, dann rollt ein weiteres Fahrzeug auf die futuristisch anmutenden Zapfsäulen zu. Landwehr blickt kurz rüber und sagt: „Ansonsten sind hier acht bis zehn Autos – im Lockdown sind es deutlich weniger.“

Robert Landwehr lädt seinen Tesla an der Stromtankstelle bei Connies Diner auf. Er legt eine Pause ein, nachdem er etwa zwei Stunden zuvor in Frankfurt gestartet war.

Robert Landwehr lädt seinen Tesla an der Stromtankstelle bei Connies Diner auf. Er legt eine Pause ein, nachdem er etwa zwei Stunden zuvor in Frankfurt gestartet war. © Marcel Drawe

Dass es künftig einen großen Schnellladepark im Kamener Kreuz geben wird, findet er gut. „Nutzen werde ich ihn nicht. Dazu ist die Infrastruktur bei Tesla einfach zu gut.“

Der Energieversorger EnBW hat angekündigt, im Kamen-Karree Europas größten Schnelladepark zu bauen. Dann kommen verstärkt auch die E-Mobilisten anderer Marken, die aufgeholt haben im Rennen um die besten E-Autos, wie BMW, Mercedes, Audi oder VW. Und docken an 52 Ladepunkte an.

Entspannteres Fahren durch häufigere Pausen

Laden will auch Dr. Gerhard Will aus Rhede im Kreis Borken. Er ist gerade angekommen und hat Sekunden später die Kupplung schon aktiviert. Seit viereinhalb Jahren fährt der 70-jährige Zahnarzt den Wagen des Typs Model S. Und hat es noch nie erlebt, dass alle Zapfstellen belegt waren. Etwas sehnsüchtig blickt er auf das geschlossene Restaurant. „Da würde ich sonst reingehen. Da schmeckt es immer sehr lecker.“

Robert Landwehr hat es gleich geschafft. Der Akkus zeigt eine Reichweite von 450 Kilometern an – fast voll.

Robert Landwehr hat es gleich geschafft. Der Akku zeigt eine Reichweite von 450 Kilometern an – fast voll. © Marcel Drawe

Geschmack gefunden hat er auch an dem E-Auto. „Ich würde nie wieder etwas anderes fahren.“ 180.000 Kilometer stehen auf dem Tacho – „und ich habe immer noch die ersten Bremsbeläge.“

Dass er auf längeren Fahrten jetzt alle zwei Stunden Zwischenstopps einlegen muss, empfindet er als Vorteil. „Früher ist man fünf Stunden durchgefahren – oder in einer Tour bis nach Malaga. Jetzt macht man öfter Pause. Auch meine Frau findet das viel entspannter.“

Nach einer halben Stunde ist der Akku fast voll

Bei Robert Landwehr ist der Akku nun fast voll. Nach einer halben Stunde hat er zusätzliche 250 Kilometer Reichweite getankt. „Ich bin mit 200 Kilometern Reichweite hier angekommen, jetzt habe ich 450 und kann zu den Terminen fahren und komme auch noch nach Frankfurt zurück“, sagt er.

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In den anderthalb Jahren, den er den Wagen fährt, habe der Akku etwas nachgelassen. Statt ursprünglich 500 schafft er jetzt noch 476.“ Für seine Fahrten, viel in Hessen und im Ruhrgebiet, sei das völlig ausreichend. Für längere Fahrten plane er auch mal zwei Stopps ein. Das Bezahlen sei unproblematisch. Nach drei bis vier Tagen würde der Betrag vom Konto abgebucht. „Ansonsten tanke ich zuhause.“

Stromtankstellen zwischen Nord-Norwegen und Sizilien

Auch Gerhard Will tankt meistens zuhause. Dazu hat er sich eine Wallbox in der Garage installieren lassen. Die lädt allerdings langsamer als die leistungsstarken Supercharger der Tesla-Tankstellen. „Zuhause komme ich auf 50 Kilometer Reichweite pro Stunde. Aber wenn der Wagen nachts lädt, dann ist das ja kein Problem.“

Auf der letzten Freifläche im südlichen Kamen-Karree entsteht laut EnBW bald Europas größter Schnellladepark mit 52 Ladepunkten.

Auf der letzten Freifläche im südlichen Kamen-Karree entsteht laut EnBW bald Europas größter Schnellladepark mit 52 Ladepunkten. © Marcel Drawe

Er schätzt es trotzdem, dass die Tesla-Tankstellen immer gut erreichbar sind. „Ein Netz zwischen Nord-Norwegen und Sizilien“, sagt er schmunzelnd und deutet auf sein großes Display, das alle Tankstellen des amerikanischen Autoherstellers anzeigt.

Zwar verlöre man etwas Zeit auf den langen Strecken, aber: „Wenn meine Kinder mit ihren Familien im Benziner unterwegs sind und wir zusammen eine längere Strecke fahren, dann sind sie vielleicht eine Stunde früher zuhause, wenn ich zweimal auftanke. Das ist nicht viel.“

Energiehunger der Autos gut auch für die Gastronomie

Wenn der Energieversorger EnBW aus Baden-Württemberg seinen Schnellladepark ab Herbst dieses Jahres mit Hilfe der Gemeinschaftsstadtwerke Kamen-Bergkamen-Bönen ans Netz bringt, dann werden auch Elektromobile anderer Hersteller am Kamener Kreuz bremsen, deren Fahrerinnen und Fahrer etwas Zeit für einen Kaffee, Burger oder eine Pizza mitbringen.

Den im Karree angesiedelten Schnellrestaurants dürfte der Energiehunger der Autos zusätzlichen Absatz bescheren. Auch Dr. Will, so sagt er lachend, sei schon mal zu McDonald‘s abgebogen. „Als ich mit dem Essen fertig war, war der Akku wieder voll!“ Auch er konnte energiegeladen weiter fahren.

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