Atmet die Kamener Innenstadt oder röchelt sie schon? Unterschiedliche Zahlen zum Leerstand

Leerstände: Atmet die Innenstadt – oder röchelt sie schon?
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Das Thema „Leerstand“ bewegt nicht nur in Kamen die Gemüter sowohl der Kaufleute und Gastronomen in der Stadt als auch der Bürgerinnen und Bürger. In seinen ersten Monaten als Wirtschaftsförderer hat sich Ulrich Schipp mit den Leerständen in der Innenstadt beschäftigt. In einem gewissen Maße sei Leerstand gar nicht unbedingt negativ: „Zehn Prozent sind gut“, sagte der studierte Industrie-Soziologe im Gespräch mit unserer Redaktion. „Das zeigt, dass der Wirtschaftsstandort atmet.“

Laut Schipps Chefin, der Dezernentin Ingelore Peppmeier, liegt die Leerstandsquote im Kamener Zentrum bei etwa 13 Prozent – bezogen auf die Nettoverkaufsfläche. Sowohl viele Kamenerinnen und Kamener als auch auswärtige Besucher der Fußgängerzone haben allerdings den Eindruck, dass die Zahl verwaister Geschäftslokale deutlich größer ist.

Die unterschiedliche Einschätzung des Innenstadt-Zustands hängt auch mit der unterschiedlichen Betrachtungsweise zusammen. Der Wirtschaftsförderer schaut auf die Nettoverkaufsflächen. Dabei kommen er und seine Dezernentin zu dem Schluss, dass 13 Prozent Leerstand akzeptabel sind. Zählt man aber einmal die leerstehenden Ladenlokale, sieht die Sache schon deutlich anders aus.

Im Innenstadtbereich innerhalb des inneren Ringes gibt es 241 Ladenlokale. Dazu zählen sowohl klassische Geschäfte als auch Kioske, Gastronomiebetriebe, Geldinstitute und Dienstleister wie Friseure und Nagelstudios. Von diesen Geschäftsräumen sind im Moment 57 ungenutzt. Das heißt, sie stehen leer. Das entspricht 23,65 Prozent.

Einer der größeren Leerstände der Innenstadt ist das ehemalige Modehaus Kämpgen.
Einer der größeren Leerstände der Innenstadt ist das ehemalige Modehaus Kämpgen. © Stefan Milk

Man könnte auch sagen, dass deutlich mehr als jedes fünfte Ladenlokal brachliegt. Die Konzentration von Leerständen ist je nach Lage sehr unterschiedlich. Spitzenreiter ist die Straße „Am Geist“, wo drei genutzten Geschäftsimmobilien fünf ungenutzte gegenüber stehen. An der Oststraße ist das Verhältnis 13:6, was nur etwas schlechter als der Innenstadtschnitt ist.

Die Nordstraße sieht mit 6:6 fast so unerfreulich aus wie „Am Geist“. Deutlich besser als der östliche Innenstadtbereich stellt sich die Adenauerstraße dar. 25 belebte Geschäfte stehen hier 4 Leerständen gegenüber. Ähnlich sieht es in der Kämerstraße und dem angrenzenden Teil des Edelkirchenhofes aus, wo 14 Geschäftslokale belebt sind und drei leer stehen.

Das ehemalige Möbelgeschäft Reimer an der Nordstraße steht schon lange leer.
Das ehemalige Möbelgeschäft Reimer an der Nordstraße steht ebenfalls schon sehr lange leer. © Stefan Milk

Die meisten Leerstände sind in der Weststraße zu beklagen. 15 sind es derzeit. Allerdings ist das auch die Straße mit den meisten Geschäftsimmobilien; 62 werden im Moment von verschiedensten Betreibern genutzt. Auf dem Willy-Brandt-Platz und in der Marktstraße ist die Quote deutlich besser. Hier und im nahegelegenen Wiemeling gibt es 36 Unternehmen, da fallen sieben leere Geschäfte nicht so sehr ins Gewicht.

Am Alten Markt, Kamens „guter Stube“, sieht es dann – ebenso wie an der Bahnhofstraße – nicht mehr so rosig aus. 25 intakte Geschäfte unterschiedlicher Art müssen sich gegen 11 Leerstände behaupten.

Seit Christa Jansen, wohl berühmteste Wirtin der Region, Ende 2022 gestorben ist, steht ihr Stadtkrug an der Weststraße leer.
Seit Christa Jansen, wohl berühmteste Wirtin der Region, Ende 2022 gestorben ist, steht ihr Stadtkrug an der Weststraße leer. © Stefan Milk

Die sehr unterschiedlichen Zahlen – 13 Prozent Leerstand der Nettoverkaufsfläche und über 23 Prozent beim Zählen der leerstehenden Geschäfte – sind natürlich einfach zu erklären. Wenn große Ladenlokale genutzt werden und kleine leer stehen, ist der Leerstand der Nettoverkaufsfläche vielleicht relativ gering. Dennoch machen viele – auch kleine – geschlossene Geschäfte keinen guten Eindruck.

Und es sind eben nicht nur kleine Flächen, die im Dornröschenschlaf liegen. Das ehemalige Möbelgeschäft Reimer an der Nordstraße, das frühere Modehaus Kämpgen am Markt und die zuletzt als „1-€-Shop“ genutzte Lokalität am Willy-Brandt-Platz sind alles andere als kleine Verkaufsflächen.

Einigen Immobilien wie dieser an der Oststraße sieht man an, dass sie schon länger ungenutzt sind.
Einigen Immobilien wie dieser an der Oststraße sieht man an, dass sie schon länger ungenutzt sind. © Stefan Milk