
E-Scooter, die im Weg stehen, bilden eine Gefahr für Menschen mit Sehbehinderungen. Die Firma RTB, die ihre Entwicklungsabteilung im Gründerzentrum in Kamen hat, weiß Abhilfe. © Alina Meyer (Archiv)
E-Scooter von Bolt auf Gehwegen: Ein Piep gegen Sturzgefahr
Elektroroller
Die Firma RTB, die in Kamen Software für den Straßenverkehr entwickelt, hat ein neues Produkt, das den Markt erobern soll. Die Software warnt Sehbehinderte, damit sie nicht über E-Scooter stürzen.
Während im Technopark die Bauarbeiten für ein ungewöhnliches Gebäude der Ampel-Tasterfirma RTB angelaufen sind, haben die Ingenieure des Unternehmens im benachbarten Gründerzentrum ein neues Produkt entwickelt, das jetzt den Markt erobern soll: Eine Software, die vor herrenlosen Elektro-Rollern, sogenannten E-Scootern warnt, die auf Bürgersteigen und Wegen gefährliche Stolperfallen werden können.
„Für Menschen, die sehen können, bilden E-Scooter keine Gefahr, dafür aber für Menschen mit Sehbehinderung. Es gibt einige Fälle, in denen es zu Stürzen gekommen ist“, sagt RTB-Geschäftsführer Matthias Rieger. Seinem Unternehmen, das mit dem neuen Gebäude eine Großinvestition in Kamen stemmt, ist es gelungen, einen der großen Anbieter zu überzeugen.

Die Entwicklungsabteilung des Ampeltaster-Herstellers RTB zieht bald in ein neues Gebäude, das gerade im Technopark gebaut wird. © Marcel Drawe
Kooperation mit dem E-Scooter-Hersteller Bolt
Dabei handelt es sich um den E-Scooter-Anbieters Bolt. „Wir haben mit ihm eine Kooperation abgeschlossen“, teilte Geschäftsführer Matthias Rieger auf Anfrage in Bad Lippspringe, dem Sitz des Unternehmens, mit.
Bei den E-Scootern der Marke Bolt kann künftig ein kleiner Lautsprecher genutzt werden, der aktiviert wird, sobald sich ein Blinder oder Sehbehinderter nähert. Voraussetzung: Der Sehbehinderte hat auf seinem Handy eine entsprechende App geladen, die LOC.ID heißt: Diese kommuniziert mit dem Elektroroller über Bluetooth. „Das Warnsignal kommt dann vom Roller aus – und nicht vom Handy. Das würde keinen Sinn ergeben, weil man schon gestürzt sein könnte, bevor man das Handy herausgeholt hat“, erläutert Rieger.

Das E-Scooter-Chaos in manchen Großstädten birgt Sturzgefahren. Eine Firma aus Kamen hat ein System entwickelt, das vor dem Hindernis warnt. © dpa
Bolt: Ein Mobilitätsunternehmen aus Estland
Bolt ist ein estnisches Mobilitätsunternehmen, das Mietfahrzeuge, E-Scooter-Verleih, Carsharing und Lieferdienstleistungen über eine App anbietet. Es hat seinen Hauptsitz in Tallinn und ist in Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika tätig. Das Unternehmen hat nach Angaben der Online-Plattform Wikipedia weltweit 75 Millionen Kunden. Mehr als 1,5 Millionen Fahrer nutzen die Bolt-Plattform, um Fahrten anzubieten. „Sie gehören zu den Big-Five der Branche“, freut sich Rieger über die Kooperation und hofft, dass auch andere Anbieter künftig die in Kamen entwickelte Software nutzen.
Software auch nützlich für andere Gebiete
Die Software aus Kamen ist bereits auf anderen Gebieten im Straßenverkehr im Einsatz. Das System wird allem im Bereich von Ampeln genutzt oder für Fahrgast-Informationen im Öffentlichen Personennahverkehr. Seit 2020 setzt beispielsweise die Stadt Oldenburg das System aus Kamen bei der Modernisierung von Ampelanlagen ein.
Sehbehinderte können damit die akustischen Signale der Ampel beeinflussen – über eine App, die auf dem Smartphone installiert wird und als Sender fungiert und alternativ auch als Handgerät erhältlich ist. Solange sich das Smartphone oder der Handsender im Empfangsbereich der Ampel befindet, wird der Orientierungston deutlich lauter gestellt. Sehbehinderte können damit den Ampelmast viel besser auffinden.
Jahrgang 1968, aufgewachsen in mehreren Heimaten in der Spannbreite zwischen Nettelkamp (290 Einwohner) und Berlin (3,5 Mio. Einwohner). Mit 15 Jahren erste Texte für den Lokalsport, noch vor dem Führerschein-Alter ab 1985 als freier Mitarbeiter radelnd unterwegs für Holzwickede, Fröndenberg und Unna. Ab 1990 Volontariat, dann Redakteur der Mantelredaktion und nebenbei Studium der Journalistik in Dortmund. Seit 2001 in Kamen. Immer im Such- und Erzählmodus für spannende Geschichten.
