
© Stefan Milk
Friedhelm Schmidt – der Mann an der Trompete für ein Leben in Harmonie
Nachruf
Friedhelm Schmidt hat eine einzigartige Chorleiter-Karriere erlebt. Über Jahrzehnte prägte er die Kirchenmusik in Kamen. Jetzt starb er im Alter von 88 Jahren.
Als Friedhelm Schmidt 1946 in die Jungschar des CVJM eintrat und ihm im Übungskeller am Bollwerk eine Trompete zugeschoben wurde, sagte der damals 13-Jährige trotzig: „Ich will gar nicht spielen.“ Günther Laudi, 2. Vorsitzender des CVJM und gleichzeitig sein Lehrgeselle bei Uhrmacher Sachse ermunterte ihn. „Doch, versuch‘s mal.“ Und dann versuchte er es. Und das mit Wohlklang. Seitdem war das Instrument aus Schmidts Leben nicht mehr wegzudenken. Ein Leben mit vielen Harmonien.

Friedhelm Schmidt an der Trompete. Ein Instrument, das ihn sein Leben lang begleitete. © Stefan Milk
Eine Chorleiter-Karriere, die ihresgleichen sucht
Schmidt erlebte fortan eine Chorleiter-Karriere, die ihresgleichen sucht. Nachdem er 1963 die Leitung übernahm, führte der gelernte Uhrmacher, der später in der Westfalenhütte des Stahlkonzerns Hoesch als Mess- und Regeltechniker arbeitete, den Posaunenchor der Ev. Kirchengemeinde Kamen mehr als 50 Jahre an. Zum 50-jährigen Jubiläum wurde er 2013 in der Pauluskirche geehrt, dort, wo auch „sein“ Posaunenchor bei Gottesdiensten regelmäßig eingesetzt wurde.

Friedhelm Schmidt beim Kurrendeblasen an Heilig Abend. Über Jahrzehnte nahm er ohne Unterbrechung daran teil. © Stefan Milk
Das Gesicht des Kamener Kurrendeblasens
Schmidt ist auch das Gesicht des Kamener Kurrendeblasens, an dem er an Heilig Abend seit 1948 ohne Unterbrechung teilnahm. Damals noch zu Fuß, später auf einem Drei-Tonner-Lkw, abenteuerlich besetzt mit etwa 20 Blasmusikern. Sie stoppten vor der Polizeiwache am Bahnhof und gaben ein Ständchen – da drohte kein Strafzettel mehr.
Über Jahrzehnte hielten die Musiker an zahlreichen Stationen, etwa an Bleiche, Gartenplatz und Mersch, wo die Musiker willkommen geheißen wurden. Auch wenn es Winter gab, in denen vor Kälte die Ventile einfroren und sich die Posaunenzüge nicht mehr ziehen ließen.
Ein Leben für die Blasmusik
Das Leben für die Blasmusik, es war mal Lehrstück, aber auch mal Rührstück: Vom CVJM wechselte Schmidt zum Ev. Posaunenchor, der zu jener Zeit, 1948, noch im Luthersaal an der Lutherkirche probte, bevor er später in das von den britischen Besatzern zurückgegebene Gemeindehaus umzog.
Bereits zwei Jahre später erklang für ihn eine Art Schicksalsmelodie, 1950 beim Kreisposaunentreffen in Bergkamen, als im gleichen Haus das Jungmädchenkreistreffen veranstaltet wurde. „Bei der Schlussveranstaltung hat es geregnet – und wer hat den Regenschirm gehalten, als ich Posaune spielte?“, fragte er einmal. Es war Brunhilde, seine spätere Frau. Als 1957 die Hochzeit folgte, erklang nicht nur die Orgel, es spielte auch, natürlich – der Posaunenchor.
Friedhelm Schmidt starb am vergangenen Samstag im Alter von 88 Jahren.
Jahrgang 1968, aufgewachsen in mehreren Heimaten in der Spannbreite zwischen Nettelkamp (290 Einwohner) und Berlin (3,5 Mio. Einwohner). Mit 15 Jahren erste Texte für den Lokalsport, noch vor dem Führerschein-Alter ab 1985 als freier Mitarbeiter radelnd unterwegs für Holzwickede, Fröndenberg und Unna. Ab 1990 Volontariat, dann Redakteur der Mantelredaktion und nebenbei Studium der Journalistik in Dortmund. Seit 2001 in Kamen. Immer im Such- und Erzählmodus für spannende Geschichten.
