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Dramatische Akzente und extreme Dynamik: Überwältigendes Konzert im Schatten des Coronavirus
Philharmonie Westfalen
Minutenlang stehende Ovation mit rhythmischem Klatschen als Dank für ein überwältigendes Konzert, das leider wegen des Coronavirus etwas schwächer als sonst besucht war.
Es hätte nicht der Pandemie Coronavirus bedurft, um dieses vorerst letzte Konzert der Neuen Philharmonie zu einem überwältigenden Erlebnis zu machen.
Denn die Zutaten waren optimal: ein treffend ausgesuchtes Programm, eine bestens eingestimmte Philharmonie und ein mitreißender Gastdirigent Roland Kluttig, der dem schwer anmutenden Thema „Schicksal“ subtil und souverän zugleich spannendes Leben einhauchte.
Leidenschaft, Pathos, Ungeduld und Temperament
Tschaikovskys effektvolle Fantasie „Fatum“ mit ihrem markanten Beginn weist die Richtung: Warm intonierte Themen, gefühlvoll schwärmerisches Melos und scharfe Akzente künden von Leidenschaft, Pathos, Ungeduld und unbedingtem Temperament, dessen Kampf mit den Gefühlen in aufrührend sinfonische Musik gemeißelt ist.
Ist Tschaikovskys „Fatum“ eher als dramatisch wahrzunehmen, porträtiert Janáčeks Oper „Osud“, aus der Tomáš Ille eine Suite arrangiert hat, das Kaleidoskop menschlicher Leidenschaften und widersprüchlicher Gefühle: Pflicht und Neigung, der Wunsch, sein Herz zu öffnen und die Furcht, es zu verlieren; überschäumende Lebensfreude, zärtliche Liebe und orientalisch anmutende Tanzfreude neben brodelnder Ausgelassenheit; melodische Klangfülle gegen motorische Schärfe; all das in die Schranken verwiesen von unerbittlichen Pauken und markigen Blechbläsern.
Dramatische Akzente und extreme Dynamik
Fast als seien Tschaikovsky und Janáček die Vorbereitung, präsentieren Gastdirigent Roland Kluttig und die Neue Philharmonie Beethovens Schicksalssinfonie“ Nr. 5 c-moll op.67 nach der Pause.
Kluttig dramatisiert nicht über, fast meint man, das markante Thema sei etwas zu schnell gespielt, wird aber durch den gespannten Verlauf der Sinfonie schnell eines Besseren belehrt.
Temperamentvoll, mit dramatischen Akzenten und extremer Dynamik gehen die Ausführenden mit Beethovens Kunstwerk um, bei aller Intensität nie übertrieben wirkend, so dass schon nach dem ersten Satz Applaus aufkommen will.
Der Hörer wird überwältigt von der Intensität
Und der Hörer wird überwältigt von der wieder neu empfundenen Intensität in den oft gehörten Klängen, wenn Kluttig aus dem feinsten Pianissimo unmittelbar ein markantes Fortissimo fordert, wenn die makellosen Cello-Kantilenen oder die exzellenten Holzbläser die bekannten Motive neu entstehen lassen, die tremolierende Spannung der Geigen sich im strahlenden C-Dur des letzten Satzes entlädt und stolz verkündet, dem trostlosen Schicksal die Stirn zu bieten.
Zu Recht Standing Ovation für diese unmissverständliche Botschaft!