Kamener Wirt über Teil-Lockdown: „Geht es Hardcore, wird total gebremst?“

© Marcel Drawe/Archiv

Kamener Wirt über Teil-Lockdown: „Geht es Hardcore, wird total gebremst?“

dzNeue Corona-Maßnahmen

Ulli Neumann, Wirt im renommierten Alten Gasthaus Schulze Beckinghausen in Kamen, hadert mit der neuen Corona-Zwangspause für die Gastronomie. Einen Plan B hat er bereits in der Schublade.

Kamen

, 28.10.2020, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wer hungrig ist und im Alten Gasthaus Schulze Beckinghausen einkehrt, bestellt Gerichte wie „Wittkamps Bauerntopf“ oder „Püttmann sein Steak“. Am Mittwochmittag stellte sich Gastwirt Uli Neumann die bange Frage, wie lange seine Gäste noch bei ihm einkehren dürfen. Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Länderchefs berieten zur selben Zeit über neue, drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die den exponentiellen Anstieg der Coronavirus-Neuinfektionen stoppen sollen.

„Geht es Hardcore, wird total gebremst?“, fragte sich der 58-jährige Neumann, dessen Familie das Gasthaus schon seit über 40 Jahren betreibt. Er verfolgte den Nachmittag über die Meldungen in den Nachrichten, bis sich am Ende seine Befürchtung bewahrheitete. Es läuft auf einen Teil-Lockdown hinaus, der mit Schließungen von Restaurants und Gaststätten einhergeht.

Jetzt lesen

„Ich bin für einen Lockdown, der durchdacht ist“, sagt der Gastwirt. „Durchdacht“ heißt für ihn, dass Gaststätten wie seine geöffnet bleiben dürfen, wenn hohe Auflagen erfüllt werden. Und das sei jetzt schon der Fall. „Wir haben hier jetzt schon Hygienevorkehrungen fast wie in der Klinik“, sagt der Gastronom. Nur die Hälfte der Tische sei belegt, um Abstände einzuhalten. Damit das Lokal gut belüftet wird, habe er die Lüftungsanlage „optimiert“ sowie Luftreiniger angeschafft. Das Desinfizieren von Speisekarten und so weiter sei Routine. Vom Ordnungsamt sei er mehrmals gelobt worden für die Umsetzung der Auflagen. „Wir haben alles Menschenmögliche getan“, sagt Neumann. „Für unsere Gäste, aber auch für uns selbst.“

„Ein neuer Lockdown wird für manche Betriebe tödlich sein“

Gegen die Schließung spricht aus Neumanns Sicht auch, dass sich Treffen in Privaträume verlagern, wo sie schlechter nachverfolgt werden könnten als in Lokalen, wo Kontaktlisten ausgefüllt werden. Bereits vom 23. März bis 10. Mai befanden sich Gaststätten in einer Zwangspause – ausgenommen Abhol- und Lieferservice. Derzeit gilt wegen erhöhter Infektionszahlen im Kreis Unna eine Sperrstunde zwischen 23 und 6 Uhr.

Wenn Lokale nun voraussichtlich ab 2. November für den Rest des Monats schließen müssen, rechnet Neumann mit dramatischen Auswirkungen auf die Branche. „Ein neuer Lockdown wird für manche Betriebe tödlich sein, die Umsatzeinbrüche von bis zu 70 Prozent hatten“, sagt er. Für Betroffene stelle sich die Frage, wie sie an neue Beihilfen kommen. Er selbst geht davon aus, dass das Alte Gasthaus Schulze Beckinghausen eine weitere Schließungszeit überstehen kann.

Jetzt lesen

Noch bevor die Ergebnisse der Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch bekannt wurden, hatte Neumann bereits seinen Plan B parat. „Ein Lieferservice ist für uns zu aufwändig, aber es wird einen Abholservice geben“, kündigte er einen Außer-Haus-Verkauf an. Auf Wittkamps Bauerntopf oder Püttmann sein Schnitzel müssen Stammgäste also nicht verzichten, wenn der Teil-Lockdown kommt. Jetzt wartet Neumann, ebenso wie seine Wirte-Kollegen, noch auf konkrete Regelungen, wie NRW die neuen Maßnahmen umsetzt.