
© Marcel Drawe
Besser als Open-Air, aber weniger Zuspruch: Kulturamt muss junge Hörer werben
Meinung
Während sich das Klassik-Open-Air eines überwältigenden Interesses erfreut, leeren sich die Ränge in der Konzertaula Kamen zunehmend. Junge Leute müssen begeistert werden, findet unser Autor.
Klassik unter freiem Himmel. Ein wunderbares Ereignis, das nicht nur Freunde der Klassik anlockt.
Die Musikabende in Unna und Kamen haben Eventcharakter und sind so besonders, weil sie jeweils nur einmal im Jahr stattfinden.
Besonders sind auch die Konzerte in der Kamener Konzertaula. Und sie sind besser.
Der Sound der Neuen Philharmonie Westfalen entfaltet sich mit aller Wucht, die Akustik ist unvergleichlich, die Klasse der Musiker wird erst hier deutlich. Da kann ein Open-Air mit vergleichsweise dürren Klängen, die draußen keinen Halt finden, bei weitem nicht mithalten.
Menschen auch für Indoor-Kultur begeistern
Damit will ich das Klassik-Open-Air nicht abwerten. Schlichtweg ein tolles Ereignis. All jene, die das gut finden, haben aber die Gelegenheit, das weitere neun Mal in der Konzertaula zu erleben, zumindest außerhalb von Corona-Zeiten. Ich besuche die Konzerte regelmäßig seit mehr als 25 Jahren und weiß, dass flüchtige Tränen der Rührung das Hörerlebnis nicht schmälern.
Allein: Es stellt sich für die Kulturtreibenden die Frage, wie sie die Menschen für die Indoor-Kultur begeistern können. Denn die Abo-Zahlen gehen zurück, die Reihen lichten sich, auch wenn die eine oder andere Einzelkarte mehr verkauft wird.
Besser als die Kamen Klassik, aber es kommt keiner? Das ist freilich überspitzt formuliert. Der Kreis Unna muss sich trotzdem fragen, wie er die Begeisterung für Freiluft-Kultur besser nutzen kann, um immer leerer werdende Indoor-Ränge wieder aufzufüllen. Klar, Open-Air ist für lau. Doch die subventionierten Preise zwischen 12 und 24 Euro sind im Vergleich zu anderen Konzerthäusern spottbillig.
Kartenvorverkauf bisher unzulänglich
Es könnte also mehr getan werden, um junges Publikum zu locken und zu begeistern, auch wenn es kein Rockkonzert ist. Schulklassen die eingeladen werden, Freitickets für Schüler und Studenten.
Das Argument, junge, disziplinlose Hörer könnten stören? Geschenkt. International geht es in Konzertsälen viel rauer und weniger steif zu. Da wird der Jacke schon mal über die Sitzlehne geworfen...
Ein limitierender Faktor war zudem der unzulängliche Kartenvorverkauf, der beim Kreis Unna telefonisch oder per E-Mail lief. Jetzt geht die Bestellung auch online über Eventim. Die Umstellung von antiquiert auf zeitgemäß war überfällig. Immerhin: Sie kann sich ab sofort positiv auswirken.
Positive Auswirkung auf die eigene Befindlichkeit hat auch jedes Konzert, das man sich in der Konzertaula anhört. Also los, nichts wie hin.
Jahrgang 1968, aufgewachsen in mehreren Heimaten in der Spannbreite zwischen Nettelkamp (290 Einwohner) und Berlin (3,5 Mio. Einwohner). Mit 15 Jahren erste Texte für den Lokalsport, noch vor dem Führerschein-Alter ab 1985 als freier Mitarbeiter radelnd unterwegs für Holzwickede, Fröndenberg und Unna. Ab 1990 Volontariat, dann Redakteur der Mantelredaktion und nebenbei Studium der Journalistik in Dortmund. Seit 2001 in Kamen. Immer im Such- und Erzählmodus für spannende Geschichten.
