Es ist die Liebe der Deutschen zum Bargeld, die Tätern zahlreiche Gelegenheiten geben, Beute an gesprengten Geldautomaten zu machen. Während Nachbarländer einen anderen Umgang mit dem Bargeld pflegen, gibt es hierzulande deutlich mehr Geldautomaten – allein in NRW um die 10.000.
„Bei uns ist es einfach so, dass der Bürger seine Brötchen gerne mit Bargeld bezahlt“, sagt Maren Menke, Pressesprecherin des Landeskriminalamt (LKA) NRW. „Wir bieten den Tätern die Tatgelegenheit.“ Deshalb lautet ihre saloppe Antwort zum besten Schutz: Geldautomaten abschaffen. „Es ist eine klare Empfehlung, dass Geldinstitute schauen, wo Automaten wirklich notwendig und sinnvoll sind.“
Allein in diesem Jahr gab es im Bundesland NRW bereits 94 Sprengungen von Geldautomaten. Im gesamten letzten Jahr waren es 184. Getroffen hat es zuletzt die Sparkasse Unna-Kamen. In ihrer Filiale in Methler sprengten Unbekannte einen Geldautomaten und richtete dabei immensen Schaden an. Auch 2016 in Bergkamen-Rünthe zeigte sich ein Bild der Zerstörung.
Beides passt zu einer Entwicklung, die das LKA ausmacht. So sei bis vor einigen Jahren vor allem Flüssiggas genutzt worden. Da die Automaten gegen das Gas jedoch immer besser geschützt seien, kämen immer mehr Festsprengstoffe zum Einsatz. Dieser sorgt nicht nur für einen größeren Schaden, sondern bedeutet auch eine größere Gefahr – für umliegende Gebäude, aber auch für die Täter selbst.

Diese seien häufig junge Erwachsene, die sich der Gefahr wahrscheinlich gar nicht bewusst seien, so Menke. So ist es nicht nur die Sprengung, sondern auch die Flucht über die Autobahn in Höchstgeschwindigkeit, während der sich die Täter einem hohen Risiko aussetzen. Wird die Unfallgefahr auf der Flucht zu groß, breche die Polizei die Verfolgung durchaus auch mal ab, weiß Menke. Zu den Tätern in Methler gibt es bislang keine Informationen. Häufig seien bei einer Sprengung drei Personen beteiligt – ein Autofahrer und zwei, die die Sprengung durchführen.
Die meisten Fluchtwege führen in die Niederlande. Die Tatverdächtigen kommen häufig aus dem Raum Utrecht/Rotterdam. Auf etwa zwei Drittel treffe dies zu. Im Nachbarland gebe es kaum Automaten. „Die Tatorte fehlen denen“, so Menke. Zum Täternetzwerk aus den Niederlanden gehören 500 bis 1000 Personen, gibt Menke an. Dabei sei es jedoch ein sehr fluides Netzwerk, sodass nicht absehbar sei, wie viele Menschen von einem Beutezug profitieren.

Die lange gemeinsame Grenze zu den Niederlanden und die hohe Anzahl der Geldautomaten machen NRW gleich doppelt attraktiv für Täter, die Geldautomaten sprengen wollen. Doch inzwischen sei die Grenznähe kein Ballungsraum solcher Taten. „Wir sehen mittlerweile auch in anderen Bundesländern eine Zunahme“, so Menke.
Gemeinsam mit Geldinstituten und Dienstleistern erarbeitet und aktualisiert die Polizei einen Maßnahmenkatalog zum besseren Schutz von Geldautomaten. Dazu zählen recht einfach umzusetzende Möglichkeiten, wie das Schließen über Nacht oder Belassen von möglichst wenig Bargeld im Automaten. Aber auch eine Nebelanlage, die nach Aufbrechen der Zugangstür den Raum so vernebelt, dass Täter nichts sehen und fliehen, gehört zu möglichen Schutzmechanismen.
Wettrennen zwischen Geldinstituten und Tätern
Das Einfärben von Banknoten verhindert zwar nicht die Sprengung, soll aber das Geld anschließend unbrauchbar machen. Dass diese Maßnahme aufgrund eines Schwarzmarktes für eingefärbtes Geld wirkungslos bliebe, kann Menke nicht bestätigen. „Das hören wir immer von Journalisten, aber da haben wir keine Kenntnisse.“
Doch so lange die Deutschen an ihrem Bargeld festhalten und Geldautomaten weiterhin von Nöten sind, so lange bleibt der Schutz der Automaten ein Wettrennen zwischen Geldinstituten und Tätern, die ihre Strategien anpassen.
Im Video: Zerstörung durch gesprengten Geldautomat
In Bildern: Der Tag nach der Sprengung eines Geldautomaten in Methler