
An mehreren Stellen entlang der Nord- und Hauptstraße weist der Zusatz „Schritttempo“ darauf hin, dass Radfahrer auf dem Gehweg zwar geduldet sind, ihre Geschwindigkeit aber drosseln sollen. © Greis
Radfahren nur im Schritttempo? Verwirrung um Schilder in Holzwickede
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Gehwege können für Radfahrer freigegeben sein. Darauf weist dann in der Regel ein zusätzliches Schild hin. Dass das in Holzwickede seit kurzem explizit Schritttempo fordert, sorgt für Irritation.
Viel automobiler Verkehr auf dem Asphalt, zu Stoßzeiten sitzt man auf Nord- und Hauptstraße schon mal hinterm Lenkrad und möchte in selbiges beißen. Insbesondere für den kurzen Weg von A nach B böte sich das Rad nun an. Legitim wäre ein Fahren auf dem Asphalt. Nur müsste man sich am Verkehr vorbei schlängeln oder andersherum riskieren, dass Autos, Transporter, Lkw beim Überholen sehr nah kommen und auch noch eine Hupe ertönt – samt erregter Armbewegung vom Fahrersitz. Schließlich könne der Radler doch gefälligst den rot markierten Radweg neben dem Gehweg nutzen.
Das kann der Radfahrer tatsächlich, fährt dann aber nicht auf einem Radweg sondern immer noch auf einem Gehweg. Mehr als optische Abgrenzung ist der Streifen in Holzwickede nicht. Er bleibt ein Gehweg, den Radfahrer dank zusätzlicher „Radfahrer frei“-Beschilderung nutzen dürfen, dabei Rücksicht aufs Fußvolk nehmen müssen.
Also: Geschwindigkeit auf Schritttempo anpassen. Ob Rollator-Tempo oder Stechschritt: Letztlich ist Rücksicht gemeint und ein Tempo, um reagieren zu können – wenn etwa das auf die Eistüte fixierte Kind beschwingt aus der Diele tritt. Da in Zeiten von E-Bikes samt Beschleunigungsfaktor 100 das rücksichtsvolle Tempo möglicherweise schwerer einzuhalten ist, gibt es an Nord- und Hauptstraße seit kurzem einen erweiterten Hinweis.
Ob „Schritttempo“ ein Bewusstsein schafft, ist fraglich
„Schritttempo“ steht wortwörtlich unter der Gehweg-Freigabe. „Damit ist der Gehweg für mich raus. Ich fahre auf der Straße, was mir kürzlich direkt ein Anhupen einbrachte. Warum die Schrittgeschwindigkeit für Radelnde so eingefordert wird, ist mir nicht klar“, sagt Petra Schröder.

Die Hand muss immer schön an der Bremse bleiben, sonst wird das mit dem Schritttempo auf dem Rad nichts. Die Erfahrung hat Redakteur Christian Greis im Selbsttest gemacht. © Greis
Die Gemeinde selbst schreibt in einer Mitteilung, dass Radfahrer auf den freigegebenen Gehwegen „nur zu Gast“ sind und „um das noch mehr in das Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer zu bekommen“, wurden die Schilder aufgestellt. Für Petra Schröder ist nach der Denke logisch, dass im nächsten Schritt Tempo 30 auf betroffenen Straßen kommen müsse, wenn sie und andere Radfahrer nur konsequent den Asphalt nutzen, wo es erlaubt ist.
Ob der Schritttempo-Hinweis den gewünschten Effekt erzielt, bezweifelt auch Michael Arnold für die Straßenverkehrsbehörde im Kreis Unna: „Wenn die Gemeinde das so machen will, kann sie das tun. StVO-konform ist es allerdings nicht.“ Dass Radfahrer mit 5 km/h konsequent über den Gehweg balancieren, sei hier wie andernorts unrealistisch. Letztlich gehe es um Rücksichtnahme. Dass man mit oder ohne E-Motor nicht mit 25 km/h über den Gehweg rast – es sollte selbstverständlich sein.
Jahrgang 1985, aufgewachsen auf dem Land in Thüringen. Fürs Studium 2007 nach Dortmund gekommen. Schreibt über alles, was in Holzwickede passiert. 17.000 Einwohner mit Dorfcharakter – wie in der alten Heimat. Nicht ganz: Dort würden 17.000 Einwohner locker zur Kreisstadt reichen. Willkommen im Ruhrgebiet.
