Anwohner-Beschwerden über Brandruine in Holzwickede Kriminalfall beschäftigte 2022 die Gemeinde

Brandruine an der Reuterstraße: Kriminalfall beschäftigte 2022 die Gemeinde
Lesezeit

„Es war mitten in der Nacht. Um halb 4 wurden wir aus dem Schlaf gerissen.“ Richard Alexewicz beginnt zu erzählen. Er ist direkter Nachbar des Hauses, das am 13. Juni 2022 an der Reuterstraße 17 in Holzwickede von einem damals 74-jährigen Mann in Brand gesetzt wurde. Wie berichtet, ist das Haus den Nachbarn seitdem ein Dorn im Auge, es tut sich nichts auf dem Grundstück – ein Störfaktor mit offenem Dachstuhl in der ansonsten schönen Wohngegend.

Die Feuernacht von Holzwickede – wenn man sie so nennen möchte – beschäftigte vor zweieinhalb Jahren die Gemeinde. Der Kriminalfall drumherum ebenso. „Ich bin durchgedreht“, sagte der Angeklagte damals vor Gericht. Die Ladung zum Haftantritt nach einer Messer-Attacke auf seine Ex-Frau hatte im Briefkasten gelegen und ihn scheinbar in eine Art Endzeitstimmung versetzt.

Er trank Alkohol, schrieb zwei Abschiedsnachrichten und schritt dann zur Tat. Mit Brennspiritus und Grillanzündern legte er an mindestens sechs Stellen in dem Haus an der Reuterstraße, das er und seine Schwiegermutter bewohnten, Feuer.

Ebenfalls an der Reuterstraße wohnt – und wohnte schon in besagter Nacht – Nachbarin Gabi Paluszak: „Der Feuernacht ist ein Rosenkrieg vorausgegangen. Der Hauseigentümer hatte seine Frau damals angegriffen und mit Messerstichen verletzt“, gibt sie die Fakten noch einmal aus ihrer eigenen Erinnerung wieder.

„Es gab ein Gerichtsverfahren, da wurde er verurteilt und sollte ins Gefängnis gehen. Aber das wollte er eben nicht“, sagt Paluszak. „Als er dann die Strafe antreten sollte, hat er sich überlegt, jetzt richte ich das größtmögliche Übel an und zünde das Haus an.“

Die Konsequenz: Das Haus an der Reuterstraße in Holzwickede ist seitdem unbewohnbar, die Decken galten zum Teil als einsturzgefährdet. Es muss vermutlich abgerissen werden, hieß es 2022. Anfang 2025 steht es immer noch.

Weg ist hingegen die große Summe an Bargeld – insgesamt rund 50.000 Euro –, die im wahrsten Sinne des Wortes in Rauch aufgegangen war. Die Polizei fand den 74-Jährigen in der Brandnacht in der Garage in seinem Auto. Offenbar hatte er versucht, sich das Leben zu nehmen.

„Eigentlich ein perfekter Nachbar“

„Er war eigentlich ein richtig perfekter Nachbar. Nett, freundlich und hilfsbereit. Wenn wir im Urlaub waren, hat er uns geholfen. Wir waren schockiert, weil wir über 20 Jahre lang gute Nachbarn gewesen sind“, erzählt Richard Alexewicz. „Dann ist aber seine Ehe zu Bruch gegangen und seine Frau ist weggezogen. Das war der Auslöser für ihn. Er ist noch von der alten Schule. Ein Mann aus dem Ruhrgebiet. Man sagt ja, ein Mann ohne Frau wäre verloren.“

Bereits vor dem Brand hätte er den Nachbarn öfter laut erzählt, „dass es hier ein Inferno oder so etwas geben könnte. Wir wussten aber nichts damit anzufangen“, erzählt Alexewicz weiter. Das „Inferno“ sollte kommen.

Die Feuerwehr löscht einen Dachstuhl, der in voller Ausdehnung brennt. Am 13. Juni 2022 legte der damals 74-jährige Mann in seinem Haus an der Reuterstraße in Holzwickede an mindestens sechs Stellen Brandsätze.
Am 13. Juni 2022 legte der damals 74-jährige Mann in seinem Haus an der Reuterstraße in Holzwickede an mindestens sechs Stellen Brandsätze. © Privat

Flammen in sechs Metern Höhe

Er erinnert sich an den Moment, kurz nachdem das Feuer ausgebrochen war. „Ich hörte irgendwelche Geräusche, die ähnlich waren wie Feuerwerkskörper. So ein Knistern, als wenn jemand grillt. Ich habe mir gedacht, da feiert einer Geburtstag. Als ich aus dem Fenster gesehen habe, standen die Feuerflammen schon in sechs Metern Höhe“, sagt er.

Gabi Paluszak erzählt: „Es roch, als hätte jemand einen großen Grillanzünder gehabt. Es gab eine sehr, sehr starke Hitzeentwicklung. Man spürte das Feuer hier bei Nacht auf dem Grundstück. Ich hätte auch nie gedacht, dass Dachpfannen so weit fliegen können. Sie wurden explosionsartig weggeschleudert.“

Nachbar Richard Alexewicz steht vor der Brandruine an der Reuterstraße in Holzwickede. Er hat die Feuernacht mitbekommen, da er gegen halb 4 Uhr nachts aus dem Schlaf gerissen wurde.
Nachbar Richard Alexewicz steht vor der Brandruine an der Reuterstraße in Holzwickede. Er hat die Feuernacht mitbekommen, da er gegen halb 4 Uhr nachts aus dem Schlaf gerissen wurde. © Stefan Schier

Mit dem Vorwurf der schweren Brandstiftung sah sich der „eigentlich perfekte Nachbar“, der zum Angeklagten geworden war, Ende 2022 vor Gericht konfrontiert. „Ich bin einfach durchgedreht“, sagte der Rentner damals gegenüber dem Richter, der ihn im Jahr 2021 wegen des Messerangriffs auf seine Ex-Frau bereits zu drei Jahren Haft verurteilt hatte.

Eine Begutachtung durch einen psychiatrischen Sachverständigen hatte er im Vorfeld abgelehnt, auf der Anklagebank aber berichtete er umfassend von seiner Ex-Frau – sie sei nur auf Geld und ein schönes Leben aus gewesen – und erzählte von seiner Sorge, die Schwiegermutter nicht mehr pflegen zu können. Nach der Messer-Attacke hatte sich die Hoffnung auf einen Offenen Vollzug zerschlagen.

Zur Tatzeit habe sich seine Schwiegermutter in der Kurzzeitpflege befunden. Wenn sie da gewesen wäre, hätte er das nicht getan, beteuerte der Holzwickeder damals und brach immer wieder in Tränen aus. „Ich wollte nicht mehr“, schluchzte er, sei sich bewusst, in erster Linie das Eigentum seiner Schwiegermutter zerstört zu haben. Den Brand könne er sich nicht mehr erklären.

In dieser Garage wurde der 74-Jährige damals festgenommen.
In dieser Garage wurde der 74-Jährige damals festgenommen. © Max Zienau (A)

Und doch ist es der Brand, der immer noch wie eine Rauchwolke über den Häusern der Anwohner hängt: Richards Frau, Hedwig Alexewicz, habe in besagter Nacht unter Schock gestanden. Sie hätte die Feuerwehr rufen wollen, aber habe in dem Moment gar nicht mehr an die richtige Nummer gedacht.

„Wie kann man das vergessen? 110 für Polizei oder 112 für die Feuerwehr? So etwas vergisst man normalerweise nicht, aber da stand ich richtig unter Schock. Ich habe dann nur gebetet, dass die Feuerwehr schnell kommt, weil die Flammen so hoch waren. Es bestand ja auch die Möglichkeit, dass das auf unser Haus übergeht.“

„Ein Verbrechen“

Da ein anderer Nachbar bereits Alarm geschlagen hatte, kam bald ein Löschzug. Erst später – als klar war, dass sich niemand mehr im Haus befindet, weder die Schwiegermutter noch der spätere Angeklagte – konnten die Einsatzkräfte den Flammen den Garaus machen.

Der 74-Jährige wurde in derselben Nacht festgenommen, einen Tag später dem Haftrichter vorgeführt. Zweieinhalb Jahre später sind die Spuren seines Handelns noch immer deutlich zu sehen. „Ein Verbrechen“, stellte der Richter während der Verhandlung unumwunden fest.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 19. Januar 2025.