„Wir müssen an unser Sparbuch ran“ Holzwickedes Kämmerer sieht düstere Finanzlage voraus

Finanzpolster schmilzt: „Wir müssen an unser Sparbuch ran“
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Vor knapp zehn Jahren entkam Holzwickede als erste Kommune im Kreis Unna der Haushaltssicherung, die den Gestaltungsspielraum einer Stadt oder Gemeinde drastisch einschränkt. Es folgten rosige Jahre, auch weil im Verhältnis zur Größe Holzwickedes jährlich vergleichsweise hohe Einnahmen durch Gewerbesteuern verzeichnet wurden. Rat- und Bürgerhaus, Schulbauten für die Ganztagsbetreuung, Edelstahlbecken fürs Freibad, festes Budget für Straßensanierung, Schul-Tablets ohne finanzielle Beteiligung der Eltern – alles finanzierbar. Die Kämmerei konnte sogar noch Jahr für Jahr Geld für schlechte Zeiten beiseitelegen.

Aktuell umfasst das „Sparbuch“ der Gemeinde noch stolze 15 Millionen Euro. Diese sogenannte Ausgleichsrücklage wurde über fast ein Jahrzehnt beiseitegelegt, damit ein defizitärer Haushalt dann ausgeglichen werden kann, wenn die finanziellen Aufwendungen die Erträge der Gemeinde übersteigen. So lässt sich ein Minus in der Kasse fiktiv ausgleichen und steht am Ende dennoch ein ausgeglichener Haushalt.

Finanzielles Polster wird innerhalb eines Jahres fast aufgebraucht

Für Kämmerer Andreas Heinrich ist absehbar, dass diese Rücklagen im nächsten Jahr bereits auf einen Bruchteil der jetzigen Summe schrumpfen. „Wir müssen richtig an unser Sparbuch ran“, sagt Heinrich. Ist Holzwickede in den vergangenen Jahren stets mit einem Plus aus dem Jahr gegangen, liegen die Ansätze seit 2023 stets im Minus und müssen entsprechend über Rücklagen ausgeglichen werden.

Zwar zeigt sich, dass Holzwickedes Kämmerer die Differenz zwischen Aufwand und Ertrag fürs laufende Jahr mittlerweile optimistischer berechnen kann, als noch bei Aufstellung des Haushaltsplans. Bei erwarteten Erträgen von rund 52,6 Millionen und Aufwendungen von nahezu 58,4 Millionen lag das erwartete Minus zunächst bei rund 5,8 Millionen Euro. Dank höherer Gewerbesteuereinnahmen werde man die Summe wohl unter 5 Millionen Euro drücken können, prognostiziert Heinrich aktuell.

Das Holzwickeder Clara-Schumann-Gymnasium soll ausgebaut werden. Für den Anbau wird die Gemeinde in den nächsten Jahren einen Millionenbetrag einkalkulieren müssen.
Das Holzwickeder Clara-Schumann-Gymnasium soll ausgebaut werden. Für den Anbau wird die Gemeinde in den nächsten Jahren einen Millionenbetrag einkalkulieren müssen. © www.blossey.eu

Im Gegenzug muss die Gemeinde aber mehr Geld an den Kreis Unna abdrücken. Mehraufwendungen bei allgemeiner und differenzierter Kreisumlage sowie eine Nachzahlung für das Jahr 2023 würden den Gemeindehaushalt um weitere 6,5 Millionen Euro belasten. „Dann liegen wir irgendwo bei 11 bis 12 Millionen Euro, die wir über die Ausgleichsrücklage abfangen müssen“, so der Finanzexperte im Rathaus. Immerhin: Andere Städte und Gemeinden hätten dieses Polster gar nicht, das im kommenden Jahr eben auf etwa 3 Millionen Euro schrumpfen dürfte.

Im Vorjahr war Heinrich noch verhalten optimistisch, dass die Reserven die jährlichen Gemeindehaushalte bis ins Jahr 2027 tragen. Aktuell muss man davon ausgehen, dass daraus nichts wird. Dann könnte man zwar immer noch das Eigenkapital über die sogenannten Allgemeinen Rücklagen in Höhe von rund 36 Millionen Euro anzapfen, doch gelten dafür strenge Regeln und darf mit den Mitteln nur bis zu einem bestimmten Verhältnis gearbeitet werden, ehe die Haushaltssicherung droht.

Corona-Pandemie wird für die Gemeindekasse noch mal eine Belastung

Viel finanziellen Spielraum habe die Gemeinde nicht. Bei notwendigen Bauprojekten konzentriere man sich aktuell auf die Anbauten für Aloysiusschule und Clara-Schumann-Gymnasium. Viel mehr sei abseits davon nicht drin. Absehbar sei, dass auch in den kommenden Jahren die Mittel für den Kreis steigen, ebenso diverse Transferaufwendungen und eigene Personalkosten. Ebenfalls zurückzahlen müsse man ab 2026 etwa 3 Millionen Euro aus einem speziellen Coronagesetz, das Kommunen erlaubt hat, während der Pandemie entsprechende finanzielle Schäden aus eigenen Finanzplänen auszuklammern.

„Wir müssen jetzt auf die Bremse treten und schauen, wo wir sparen können“, so der Kämmerer im Wissen, dass nur wenige Stellschrauben beweglich sind. Auf der Ertragsseite bliebe wiederum nur: Hebesätze und damit Steuern erhöhen. „Die Bürger zusätzlich belasten – das will bei uns im Rathaus niemand.“

Andreas Heinrich (r.) neben Bürgermeisterin Ulrike Drossel und ihrem Beigeordneten Bernd Kasischke: Die Holzwickeder Verwalrungsspitze muss auch in anstehenden Klausurgesprächen den örtlichen Parteien erklären, dass die Finanzlage wenig Freiraum für Experimente lässt.
Andreas Heinrich (r.) neben Bürgermeisterin Ulrike Drossel und ihrem Beigeordneten Bernd Kasischke: Die Holzwickeder Verwaltungsspitze muss in anstehenden Klausurgesprächen den örtlichen Parteien aufzeigen, dass die Finanzlage wenig Freiraum für Experimente lässt. © Ray Heese