Einen musikalischen Streifzug durch Europa präsentierten Cellistin Felicitas Stephan und die italienische Pianistin Cecilia Novarino am Samstag (1. April) auf dem Emscherquellhof. Mit diesem Konzert eröffnete das Duo an diesem Spielort die Saison, bevor sich die Musikerinnen auf eine Italien-Tournee begeben. In nur wenigen Tagen hatten die künstlerische Leiterin des Celloherbst am Hellweg und ihre Kollegin aus Turin ihr gemeinsames Repertoire abgewandelt und ergänzt.
Novarinos Part war geprägt von Minimalismus
Den ersten Teil bestimmten kurze Stücke und Sätze. Sehr gefasst, getragen, stellten sie die Bearbeitung eines Choral-Präludiums von Bach an den Anfang, eine Kantilene, von sanften Klavierklängen begleitet.
Religiös wurde es noch einmal mit zwei Gebeten des Schweizer Emigranten Ernest Bloch aus dessen Suite „Aus jüdischem Leben“. „Supplication“, ein Bittgebet, dominierten Stephans Cello-Linien, in unergründliche Tiefen hinabsteigend.

Novarinos Part war geprägt von Minimalismus, glich später einer auskomponierten Improvisation. Lang gehaltenen Cello-Tönen des „Prayer“ setzte die Pianistin zunächst nur sparsam Anschläge entgegen, entwickelte ausschweifenderes Spiel zu lichterem Streicherklang. Zwei Komponisten griffen auf Volksmusik ihrer Heimatregionen zurück: Manuel des Falla widmete sich spanisch-maurischen Stilistiken, der Ungar Béla Bartók erforschte die Tanzweisen Rumäniens.
Aus den „Canciones populares españolas“ brachten die Musikerinnen etwa „Das maurische Tuch“, harsch, dabei tänzerisch eigenständig. Liedgut, darunter ein verträumtes Wiegenlied, sowie weitere Tänze von spannungsvoller Dynamik, Melancholie verströmend, letztlich vehement und rasant den „Polo“, eine Sonderform des Flamencos. Fein arbeiteten die Musikerinnen die Charakteristika von Bartóks Miniaturen heraus, ließen Imaginationen von Tänzern aufscheinen, mal im Kreise schreitend, sich auf der Stelle bewegend oder die Richtung wechselnd, stampfend schließlich im Pizzicato abgebildet.

Kompositionen von Nadia Boulanger und Astor Piazzolla
Mit Kompositionen von Nadia Boulanger und Astor Piazzolla wandten sie sich Lehrerin und Schüler zu. Wehmütige Sanglichkeit und Minimalismus an den Tasten, kombiniert mit sich aufbauender Dramatik hatte Boulanger in ihren „Trois Piéces“ in Töne gesetzt, wiegend und nachdrücklich, drastisch und alert, mit spanischem Kolorit melancholisch, bald aufpeitschend endend.
Romantisch und weich kontrastierte Piazzollas Ballade „Tanti anni prima“, vor vielen Jahren. Musik und Titel verraten die italienischen Wurzeln des Argentiniers. „Le Grand Tango“ gab den Damen Gelegenheit, in drei Sektionen unterschiedliche Aspekte dieser Musikrichtung zu erkunden: Stark rhythmisch, dramatisch, harsch und mit kurzen Bogenstrichen zunächst, dann frei und sanglich mit rhythmischen Verschiebungen, schließlich mit experimentellen Strichen, waghalsigen Läufen bis zum fulminanten Schluss. Nach diesen starken Eindrücken dankten beide den Applaus mit einem zarten Wiegenlied aus der Ukraine als Zugabe.