Abgesagter FDP-Neujahrsempfang AfD-Demo und Gegendemo in Holzwickede

Abgesagter FDP-Neujahrsempfang: AfD-Demo und Gegendemo
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Die FDP in Holzwickede hat ihren Neujahrsempfang am Sonntag (21. Januar) aus Sicherheitsbedenken abgesagt. Gruppen aus dem rechten und rechtsextremen Spektrum, so hieß es im Vorfeld, hatten zu einer Demonstration aufgerufen. Schlussendlich trafen AfD-Befürworter und die versammelte Holzwickeder Politik aufeinander.

Auslöser des Wirbels: Marie-Agnes Strack-Zimmermann

Polit-Promi Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Bundestagsmitglied, war vom Ortsverband als Rednerin angekündigt worden. Das Interesse war groß, die Anmeldezahlen schnellten in die Höhe.

Nicht ohne Folgen: „Am Freitagnachmittag erhielten wir die Information, dass diese Gruppen (rechte und rechtsextreme, Anm. d. Red.) eine Demo mit dem Titel ‚FDP-Kriegstreiberpartei‘ rund um diese Veranstaltung organisiert hatten“, sagte der Vorsitzende der FDP vor Ort, Niklas Bachmann.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist eine deutsche Politikerin. Sie ist Mitglied des FDP-Präsidiums und des Vorstands der FDP-Bundestagsfraktion. Von 2008 bis 2014 war sie Erste Bürgermeisterin und damit Stellvertreterin des Oberbürgermeisters von Düsseldorf.
Die streitbare Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) was als Rednerin angekündigt worden. © picture alliance/dpa

Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist streitbar, hält mit ihrer Meinung nicht zurück und sorgt mit ihren Aussagen immer wieder für Aufsehen. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag und Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Europawahlen im Sommer, verglich die AfD kürzlich mit einem „Haufen Scheiße“, auf dem sehr viele „Fliegen“ sitzen. Entsprechend unbeliebt ist die FDP-Politikerin bei AfD-Mitgliedern.

„Seit Beginn ihrer Amtszeit und dann ersten Äußerungen zum Ukraine-Krieg sind wir immer häufiger mit Gegendemonstrationen konfrontiert. Das ist einerseits traurig und ärgerlich, andererseits macht uns das aber nicht mehr so große Sorgen“, sagte der Büroleiter von Strack-Zimmermann, Cord Schulz, zunächst auf Anfrage unserer Redaktion.

Unbekannter Personenkreis auf der Anmeldeliste

Lars Berger, Fraktionsvorsitzender der FDP vor Ort, und Niklas Bachmann entschieden sich trotzdem für die Absage des Neujahrsempfangs in Holzwickede. Nicht aus Angst vor dem, was vor der Aula des Schulzentrums hätte passieren können, vielmehr vor dem, was im Saal hätte vorfallen können, wie sie vor unserer Kamera erklärten.

Auf der offenen Anmeldeliste „befand sich ein Personenkreis, den wir nicht zuordnen konnten“, sagte Lars Berger. „Wir hätten damit rechnen müssen, dass wir auch von den Aktivisten Personen im Publikum gehabt hätten, was wir unseren Stammgästen nicht zumuten wollten.“ Auch der zusätzliche Aufwand, Personenschutz für Strack-Zimmermann zu organisieren, sei in der Kurzfristigkeit nicht mehr möglich gewesen.

Mitglied des AfD-Kreisverbandes meldet Demo an

Demonstriert wurde trotzdem. Vor Ort stellte sich heraus, dass Hans Otto Dinse, Mitglied im AfD-Kreisverband im Kreis Unna, die Demo angemeldet hatte. Rund ein Dutzend Personen hielten ein Banner der AfD mit der Aufschrift „Die Ampel muss weg!“ hoch.

Bereits bei den Bauernprotesten in Unna rollten AfD-Mitglieder dieses Spruchband aus und ließen sich damit ablichten. Davon nahmen die Landwirte Abstand und ließen den anwesenden AfD-Mitgliedern von der Polizei mitteilen, dass der Kreisverband der Bauern nicht von der AfD fotografiert werden wolle und keine Berichterstattung der AfD im Kontext der Bauerndemo wüsche.

Rund ein Dutzend Mitglieder und Sympathisanten der AfD versammelten sich am Schulzentrum Holzwickede. Sie hielten ein Spruchband mit der Aufschrift "Die Ampel muss weg" hoch.
Rund ein Dutzend Mitglieder und Sympathisanten der AfD versammelten sich am Schulzentrum. © Marcel Drawe

In Holzwickede ging es den AfDlern vor allem um die Politik von Marie-Agnes Strack-Zimmermann. „Es geht in erster Linie darum, dass wir die Politik der Ampel ablehnen und im speziellen Fall war heute die Frau Strack-Zimmermann, Mitglied der Ampel, angekündigt zu einem Vortrag. Und speziell gegen Frau Strack-Zimmermann wollten wir heute demonstrieren“, sagte Hans Otto Dinse unserer Redaktion.

Strack-Zimmermann hatte sich in der Vergangenheit zum Beispiel vehement für weitere Waffenlieferungen Deutschlands an die Ukraine ausgesprochen. Dadurch werde der Krieg in der Ukraine endlos fortgesetzt, so Dinse weiter. „Frau Strack-Zimmermann verkörpert den Krieg.“ Er und seine Mitstreiter seien in Holzwickede für den Frieden auf die Straße gegangen.

Politiker formieren sich zum Widerstand

Die AfD traf vor Ort zwar nicht auf Marie-Agnes Strack-Zimmermann, aber auf die versammelte Holzwickeder Lokalpolitik. Die Absage des Neujahrsempfangs der FDP sei bedauerlich, erklärte Peter Wehlack (SPD), stellvertretender Bürgermeister von Holzwickede, und das wolle die Holzwickeder Politik nicht so einfach hinnehmen.

Peter Wehlack hatte den Gegenprotest kurzfristig organisiert. Mit großem Erfolg: Die Gegendemo war deutlich besser besucht als die AfD-Veranstaltung auf der anderen Straßenseite. Es beteiligten sich Mitglieder aller Holzwickeder Parteien: CDU, SPD, FDP, Grüne und der Bürgerblock.

Die Holzwickeder Lokalpolitiker wollten ein Zeichen setzten und "Kante gegen Rechts" zeigen. Sie versammelten sich vor dem Schulzentrum in Holzwickede, wo der Neujahrsempfang der FDP hätte stattfinden sollen.
Die Lokalpolitiker sprachen sich parteiübergreifend gegen „rechtsextremes Gedankengut, Menschenfeindlichkeit und faschistische Abschiebefantasien“ aus. © Marcel Drawe

„Der Anfang in Holzwickede ist gemacht. Unser überparteilicher Zusammenschluss hat ein erstes Zeichen gesetzt, dass rechtsextremes Gedankengut, Menschenfeindlichkeit und faschistische Abschiebefantasien hier nichts zu suchen haben“, so Peter Wehlack und Lars Berger.

Und damit nicht genug: In der kommenden Woche hat Bürgermeisterin Ulrike Drossel, die auch vor Ort war, zu einer Vorbesprechung unter dem Motto „Howi zeigt Kante“ eingeladen. Parteien, Vereine und Organisationen aus der Gemeinde sollen gemeinsam über weitere Veranstaltungen „gegen Rechts“ diskutieren.

Ob die FDP ihren ausgefallenen Neujahrsempfang in diesem Jahr nachholt, könne man noch nicht beantworten, erklärte Niklas Bachmann. Für das nächste Jahr will sich die Partei ein anderes Format überlegen.