Holzwickeder Gastronom warnt „Bald gibt’s nur noch Pommesbude und gehobene Küche“

Easy Schott warnt: „Bald gibt’s nur noch Pommesbude und gehobene Küche“
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Königsberger Klopse, Lasagne al forno, gefüllte Paprika mit Hackfleisch und Kräuterreis oder kurz vor dem Monatsende die Gnocchi in einer Pilz-Rahmsauce mit Erbsen – der Mittagstisch in der Brasserie am Markt bietet für 9,99 Euro eine ordentliche Portion Seelenfutter und einen täglich wechselnden Nachtisch noch dazu.

Wer über Lebensmittelpreise sowie Liefer-, Personal- und Energiekosten der vergangenen Monate nachdenkt, könnte zu dem Schluss kommen: Maßlos überteuert ist das Angebot nicht. „Gemeckert wird vereinzelt trotzdem, weil unser Mittagstisch preislich mit der heißen Theke im Rewe oder dem Bäcker um die Ecke verglichen wird“, sagt Brasserie-Betreiber Easy Schott.

Mittagstisch in der Brasserie am Markt: Zu den Gerichten gehören auch selbstgemachte Gnocchi in Pilz-Rahmsauce.
Für 9,99 Euro gibt es Ende November vom Koch selbstgemachte Gnocchi in Pilz-Rahmsauce. Die üppige Portion mit Erbsen, Pinienkernen und einem Parmesan-Chip wurde von einem Nachtisch abgerundet – in dem Fall ein Schoko-Mousse. © Greis

Burger für 20 Euro finden in Holzwickede keine Abnehmer

Im kommenden Jahr dürfte es für Schott aber so oder so schwierig werden, den Preis zu halten, weil die Mehrwertsteuer wieder von 7 auf 19 Prozent steigt.

„Ein Gericht, das wir momentan für 17,50 Euro auf der Karte haben, steht dann eher bei 19,50 Euro. Nur: Kein Mensch isst hier einen Burger für fast 20 Euro“, beschreibt der Gastronom das Dilemma für Lokale mit einer bestimmten Ausrichtung. Mit seiner Frau betreibt Schott zudem die Schlossstuben in Opherdicke und das Haus Hilleringmann in Unna.

„In den Schlossstuben zahlen die Gäste 50 Euro oder mehr und gehen glücklich. Gehobene Restaurants werden unter der Mehrwertsteuer nicht leiden, weil es der Kundschaft nicht auf zwei oder drei Euro ankommt“, sagt Schott. Eine Preisstufe darunter sei das indes anders. Hier würde die Kundschaft abwandern und stattdessen auf Pommes oder Döner von der Imbissbude umschwenken – notgedrungen.

Pommesbude oder Edel-Restaurant

Die Prognose des Experten: „Die Politik schafft gerade Rahmenbedingungen, um die Gastro-Landschaft und damit auch viele soziale Kontakte zu zerstören. Es wird künftig nur noch Pommesbude oder gehobene Küche geben“, sagt Schott. Er sieht die Mittelschicht schwinden und die Schere zwischen Gering- und Besserverdienern aufgehen.

Ob die Brasserie irgendwann im neuen Jahr vom Mittagstisch für 9,99 Euro abrückt? „Es wird ihn weiter geben, aber ich weiß nicht, ob zum bisherigen Preis.“ Per se setze man in der Gastronomie auf eine Mischkalkulation, damit Gerichte mit unterschiedlich hohen Warenkosten preislich nicht zu weit auseinander liegen. Aber wenn alles teurer wird, lässt sich wenig ausgleichen.

Außenbereich der Brasserie am Markt Ende November 2023: In der kalten Jahreszeit ist es schwierig, hier Kundschaft zum Verbleib zu animieren.
Außenbereich der Brasserie am Markt Ende November 2023: In der kalten Jahreszeit ist es schwierig, die Kundschaft zum Verbleib zu animieren. © Greis

„Manch einer sagt, wir Gastronomen hätten die geringere Mehrwertsteuer nicht an die Kunden weitergegeben, also müssten wir jetzt die Preise auch nicht erhöhen“, sagt Easy Schott. Dem hält er entgegen, dass seine Einkaufspreise für Lebensmittel in den vergangenen Jahren ebenfalls massiv gestiegen sind. Fleisch von der Freiluftgans sei im Vergleich zu 2020 rund dreimal so teuer, nennt er nur ein Beispiel.

Hinzu komme der Mindestlohn, der seit 2013 von 7,90 Euro pro Stunde innerhalb von zehn Jahren auf 12 Euro gehoben wurde. „Nächstes Jahr steigen noch die Mautgebühren und Beiträge für Kfz-Versicherungen und sorgen für höhere Lieferkosten. Und dann nimmt man den Gastronomen die 12 Prozent Mehrwertsteuerersparnis. Wo soll ich da an Preisen drehen?“, fragt sich Easy Schott.

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