
Der neue Nahverkehrsplan (NVP) ist vielen Akteuren in Holzwickede und anderen Kommunen zu kaufmännisch geraten: Kürzere Linien mit wenig Fahrgastaufkommen finden sich im Basisnetz nicht wieder, also im Grunde alle Busverbindungen, die noch weniger rentabel sind als der ÖPNV als Ganzes ist – denn Profite wird die VKU auch nach der Reform nicht einfahren.
Kritik daran, dass im NVP zum Beispiel keine direkte Buslinie von Hengsen und Opherdicke zum Bahnhof in Unna vorgehalten wird, ist absolut nachvollziehbar. Es wäre das bequemste und barrierefreieste Angebot für alle Menschen ohne eigenen fahrbaren Untersatz.
Busverkehr ist öffentliche Aufgabe – und unwirtschaftlich
Auch der Öffentliche Nahverkehr ist Daseinsvorsorge. Niemand würde zum Beispiel bezweifeln, dass jeder Haushalt an das Telefonnetz angeschlossen sein muss. Bei Glasfaser und Mobilfunk gehen Menschen daher mitunter auf die Barrikaden, wenn Bits und Bytes nicht schnell genug durch die Leitungen fließen. Allerdings hinkt der Vergleich mit dem ÖPNV auch.
Breitbandinternet und Handyempfang werden privatwirtschaftlich organisiert, Unternehmen wollen und können mit ihren Dienstleistungen Geld verdienen. Das sieht beim regionalen Busverkehr schon ganz anders aus: Unternehmen stehen nicht gerade Schlange, um Städten und Kreisen ihren Fahrplan zu verkaufen.
Der ÖPNV ist daher in erster Linie auch eine öffentliche Aufgabe. Denn öffentlicher Nahverkehr ist eben Daseinsvorsorge. Das Dasein jedes Einzelnen allerdings – und hier hinkt der Vergleich mit Internet und Telefon ein weiteres Mal – wird sehr unterschiedlich von Bus und Bahn bestimmt.
Für manche Menschen kommt der Nahverkehr gleich hinter Strom, Gas und Wasser, andere haben seit Schülerzeiten nicht mehr in einem vollen Bus gesessen, sondern nehmen den eigenen Pkw oder ihr Fahrrad.
Betriebswirtschaftliche Sicht vom Prinzip her plausibel
Dass der Kreis seinen Nahverkehrsplan daher erstmals ausschließlich allein daran ausgerichtet hat, ob die Zahl der Fahrgäste und die übergeordnete Relevanz von Knotenpunkten eine Buslinie rechtfertigen, ist durchaus plausibel.
Es ist richtig, dass nun Holzwickede wie auch andere Kommunen am Zug sind und abwägen müssen, was ihnen eine Buslinie wert ist, wenn sie nicht mehr aus dem Topf der Kreisumlage bezahlt wird. Ein Schwarzer-Peter-Spiel würde der Sache aber nicht gerecht.
Denn ein Vergleich mit Internet und Telefon ist dann doch zulässig: Datenverkehr ist dem Staat offenbar mehr wert als Busverkehr. Denn den privatwirtschaftlichen Ausbau des schnellen Internets hat vor allem der Bund mit Milliarden gefördert. Der Staat hat die Relevanz gesehen, wahrscheinlich war der Lobbyismus aber auf diesem Geschäftsfeld auch ganz einfach erfolgreicher.
Trotz in Düsseldorf und Berlin munter propagierter Mobilitätswende werden die Kommunen beim ÖPNV aktuell hingegen weitgehend im Regen stehen gelassen – der richtige Adressat für Wut, aber auch Wünsche wäre daher der Staat.