Wohncontainer am Bürgerhaus Kreis Unna reagiert auf Anwohner-Klage aus Strickherdicke

Kreis Unna reagiert auf Anwohner-Klage aus Strickherdicke
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Aussitzen gilt nicht für Kai Schiereck. Als direkter Anwohner des Bürgerhauses in Strickherdicke, das seit vielen Jahren als Flüchtlingsunterkunft dient, zeigten sich er und viele andere geradezu fassungslos, als die Pläne der Stadt Fröndenberg bekannt wurden: Die Stadt plant dort die Errichtung von Wohncontainern, um die Unterbringungskapazität für Geflüchtete zu erweitern.

Inzwischen reichte Schiereck Klage gegen die Genehmigung zur Errichtung der Container ein (wir berichteten). Nun bezog der Kreis Unna als zuständige Genehmigungsbehörde Stellung zu der Klageschrift. „Es scheint, als soll das zwingend durchgedrückt werden“, so der Kläger. Die genaue Durchsicht der Erwiderung lässt ihn aber nur entschlossener zurück. „Viele Aussagen dort passen meiner Meinung nach einfach nicht“, so Schiereck.

So erklärt der Kreis, dass nach einer Sondierung des Immobilienmarkts ein Ankauf von Wohnungen oder Immobilien nicht in Betracht kam. Dabei stehe ein angrenzendes Mehrfamilienhaus neuerer Bauart seit Jahren leer, sagen die Strickherdicker. „Natürlich ist das Haus nicht als Flüchtlingsunterkunft geplant worden, aber das war das Bürgerhaus ja auch nicht“, so der Anwohner.

Der Kreis erklärt, dass im Bürgerhaus bei Maximalbelegung 24 Geflüchtete untergebracht werden können, in den geplanten Containern entstünden bis zu 16 Plätze. „Wir haben grundsätzlich nichts gegen Geflüchtete“, so Schiereck. Mit vielen von ihnen hätten die Anwohner auch ein gutes Verhältnis. Doch habe es auch andere Zeiten gegeben, als dort beispielsweise allein reisende Männer untergebracht waren. Schiereck ist bei weitem nicht der einzige Skeptiker.

Dorffest Strickherdicke 2023
Der Bürgerverein „Wir in Strickherdicke“ ist um Integration bemüht. So werden die geflüchteten Familien nach eigenen Angaben stets zum Dorffest eingeladen. © Kai Schiereck

Bezüglich einer Gebietsunverträglichkeit durch möglicherweise „problematische Nachbarn“ erklärt der Kreis, dass es auf das individuelle Verhalten von untergebrachten Personen nicht ankomme: Sollte es zu Störungen, beispielsweise der Nachtruhe, kommen, so sei diesen mit den Mitteln des Ordnungs- oder Polizeirechts oder des zivilen Nachbarschaftsrechts zu begegnen.

Das gelte auch für das Rücksichtnahmegebot: Rein verhaltensbedingte Störungen ohne bodenrechtliche Relevanz seien kein Gegenstand bauplanungsrechtlicher Betrachtung. Zur Würdigung nachbarlicher Interessen wird auf den Runderlass „Unterbringung von (ukrainischen) Flüchtlingen“ des Bauministeriums NRW verwiesen.

Mehr an Belastung laut Kreis zulässig

Darin wird ausgeführt, „dass im Rahmen der Würdigung nachbarlicher Interessen zu beachten sei, dass angesichts der nationalen und drängenden Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn, gerade im Hinblick auch auf die dreijährige Befristung und die regelmäßig eher kurzfristige Verweildauer der jeweils betroffenen Flüchtlinge, vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigen zuzumuten sein kann“.

„Das ist kaum geeignet, Vertrauen aufzubauen“, sagt Schiereck. Er sei zwar der Klagende, stehe aber für die Sorgen vieler Anwohner, erklärt er weiter. Neben den Sorgen gebe es aber auch handfeste Punkte, die die Anwohner umtreiben: So hatten sie der Stadt, nach dem Bekanntwerden der Pläne, eine ganze Liste alternativer Orte zugesandt, die aufgrund vieler Faktoren (wie der Verkehrsanbindung oder der Nahversorgung) aus ihrer Sicht geeigneter wären.

Geeignetere Standorte nicht relevant

Dazu bemerkt der Kreis, dass es nicht relevant sei, ob ein anderer Standort besser geeignet wäre. In einem Punkt gibt der Kreis dem Kläger sogar recht: Die Rüge der in der Baugenehmigung aufgenommenen Lärmwerte für die Umgehungsbebauung sei richtig. Da wurden die Werte für „allgemeine Wohnbebauung“, nicht jedoch für „reine Wohngebiete“ angenommen.

Kurz darauf folgt jedoch eine Feststellung, die für die Anwohner ernüchternd wirken muss: Dass das Grundstück des Klägers (als direktem Anlieger) bei der Lärmbetrachtung in der Baugenehmigung überhaupt nicht aufgenommen worden sei, sei „in der Sache unbedeutend“.

Schleiereule an einer Fensterbank.
Diese Schleiereule lässt sich immer wieder rund um das Bürgerhaus sehen und gehört nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu den streng geschützten Arten. © Privat

Auf die anderen Kritikpunkte, die in der Klageschrift erläutert wurden und die Sonderbauten, den Wasser- und Artenschutz betreffen, folgt nur ein Satz. Dazu heißt es schließlich, sie hätten „keine nachbarschutzrechtliche Relevanz“.

„Aber genau das sind die Punkte, die uns hier auch sehr wichtig sind“, so Schiereck. Von Fledermäusen über Amphibien bis zu Schleiereulen werden unmittelbar am Bürgerhaus zahlreiche geschützte Arten angetroffen. „Scheint beschlossene Sache zu sein“, sagt Schiereck stirnrunzelnd.

Es gebe zwar Auflagen zum Artenschutz, aber im Vergleich zu anderen Baumaßnahmen ergebe sich in Fröndenberg offenbar kein hoher Schutzbedarf. Dass eigentlich kein Bedarf an weiterem Wohnraum herrsche, sei zudem ein Thema, das dem ganzen die Krone aufsetze.

Nun bleibe er gespannt, denn ein Gerichtstermin stehe noch nicht fest.