Notbetrieb in Fröndenberger Kita seit vier Wochen Eltern unter Druck, Erzieher am Limit

Von Olga Felker
Eltern unter Druck: Herz-Jesu Kita ist seit vier Wochen im Notbetrieb
Lesezeit

Jeden Morgen aufs Neue muss Manuela Thiele bangen, ob ihre beiden Kinder, die fünf und drei Jahre alt sind, in der Kita betreut werden können oder nicht: Seit dem 21. November herrscht beinah durchgehend ein eingeschränkter Betrieb in der Herz-Jesu Kita in Hohenheide. Der Krankenstand unter den Erziehern und Erzieherinnen sei derzeit so hoch, dass von den 76 Kitakindern nur ein Bruchteil betreut wird. Wie viele kommen dürften, hänge jeden Tag aufs neue von der Anzahl der gesunden Erzieherinnen ab.

Dieser Zustand nage auch an den Eltern, berichtet Manuela Thiele. Sie sitzt im Elternbeirat der Herz-Jesu Kita. Somit erreichen sie auch die Sorgen und Nöte der anderen Eltern. Besonders belastend: „Es gibt kein festes Konzept, welche Kinder wann kommen dürfen – es wird auf das Wohlwollen der Eltern gesetzt.“ Dabei seien es häufig die gleichen Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen würden, wie Thiele berichtet.

In anderen Kitas ist es noch schlimmer

Auch den katholischen Träger hat Manuela Thiele bereits mehrfach über die Situation in der Kita informiert. Die Kindertagesstätte Herz-Jesu in Fröndenberg gehört zu den katholischen Kindertageseinrichtungen Ruhr-Mark gem. GmbH. Dort wisse man über die Situation Bescheid, so die Fachbereichsleiterin für Kindertageseinrichtungen, Martina Kuhlmann.

„Ich verstehe den Frust der Eltern. Und auch wenn die Situation extrem erscheint, ist es in anderen Kitas teilweise noch schlimmer“, sagt Kuhlmann. Sie betreue insgesamt 71 Kitas und in manchen davon dauere die eingeschränkte Betreuung noch länger als in der Herz-Jesu Kita. Auch Schließungen habe es gegeben.

„Ich kann nachvollziehen, dass insbesondere arbeitende Eltern unter Druck stehen und damit auch die Belastungen für Erzieher und Erzieherinnen größer werden. Aber die Situation liegt nicht in unserer Hand“, sagt Kuhlmann. Die Kita habe bereits mehr Erzieherinnen, als es eine Mindestbesetzung verlange. Wenn diese krank seien, könne man nichts tun. In den anderen Kitas sei es nicht besser und zusätzlich herrsche ein Fachkräftemangel. Es gebe schlicht kein Personal, das irgendwo abgezwackt werden könne.

„Ich arbeite bis in die Nacht hinein“

Zusätzlich widerspricht Kuhlmann der Aussage, es gebe kein Konzept zur Notbetreuung: „Es gibt die Möglichkeit, dass die Kinder nach Gruppen aufgeteilt werden und an den jeweiligen Tagen kommen dürfen. Das war in der Herz-Jesu Kita aber nicht gewünscht.“ Die Mitarbeiter der Kita wüssten demnach, welche Familie welchen Betreuungsbedarf haben und würden dementsprechend die Betreuungsplätze verteilen.

In der Realität sehe das anders aus, erzählt Manuela Thiele, die selbstständig als rechtliche Betreuerin arbeitet. „Es ist schwierig, mein Pensum zu schaffen, wenn die Kinder zu Hause sind. Ich arbeite zurzeit oft bis in die Nacht hinein – schließlich muss ich die Fristen bei Behörden und Gerichten einhalten“, erzählt Thiele. Trotz der belastenden Arbeitssituation betont sie, wie viel Glück sie habe, da sie von zu Hause arbeiten könne.

Manuela Thiele malt mit ihren Kindern am Tisch.
Spielen statt Arbeit: Mittlerweile hat Manuela Thiele die Hoffnung aufgegeben, ihre Kinder in diesem Jahr noch in die Kita geben zu können. © Michael Neumann

„Es gibt zahlreiche Eltern, die sich jetzt teilweise unbezahlten Urlaub nehmen mussten, um ihre Kinder zu Hause betreuen zu können. Nicht jeder kann im Home Office arbeiten.“ Das belaste zusätzlich, denn den Elternbeitrag müssten Eltern zahlen, wenn ihre Kinder gar nicht betreut werden. Dies sei in der Satzung festgelegt. Immerhin könne das Essen täglich abbestellt und müsse nicht bezahlt werden, berichtet Thiele.

Doch auch Eltern, die nicht arbeiten gehen, würden ihre Kinder in die Kita schicken, wie Kuhlmann sagt. „Diese Eltern wollen ihre Kinder auch nicht die gesamte Zeit zu Hause lassen.“ Schließlich habe jedes Kind in Deutschland mit Abschluss des ersten Lebensjahres einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz.

Bundesweites Problem

Doch nicht nur in Fröndenberg, sondern im gesamten Bundesgebiet klafft eine eklatante Lücke zwischen dem theoretischen Rechtsanspruch und der Realität. Laut einer Studie fehlten im Kreis Unna im letzten Jahr 1893 Kitaplätze – somit hatten 36,6 Prozent der Kinder im Kreis keinen Kitaplatz, obwohl der Bedarf da war. Es fehlt der Studie zufolge schlicht an Fachkräften und so spitzt sich die Situation in den Kitas insbesondere in infektionsreichen Zeiten besonders zu.

Mittlerweile hat auch Thiele die Hoffnung aufgegeben, ihre Kinder noch vor Weihnachten in die Kita bringen zu können, erzählt sie. Sie und den Elternbeirat mache das sehr traurig: „Dass eine katholische Kita unter einem katholischen Träger keine besinnliche Zeit für die Kinder schaffen kann und alle möglichen Aktionen (Nikolaus in der Kita, Adventsfrühstück mit den Eltern etc.) ausfallen müssen.“

Jetzt liege alle Hoffnung auf dem Januar. Sowohl Thiele als auch Kuhlmann hoffen darauf, dass sich die Infektionen in den Ferien verringern und die Erzieherinnen und Erzieher wieder gesund zur Arbeit kommen könnten. Und die Kinder zumindest im neuen Jahr wieder regulär betreut werden können.