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Igel in Not: Wie Fröndenberger den stacheligen Gesellen helfen können
Hilfe für Tiere
Igel haben es derzeit schwer und finden weniger Nahrung. Eine Igelpflegerin erklärt, wie Tierfreunde Igeln in Not helfen können - und warum für die Not der Mensch mit verantwortlich ist.
Der Winter naht und mit ihm die Zeit, in der sich manche Tiere Fett für den Winterschlaf anfressen. Igel haben es zur Zeit besonders schwer. In diesem Jahr sind die kleinen Stachelritter in der Ruhrstadt mehr denn je auf die Unterstützung hilfsbereiter Fröndenberger angewiesen.
„Die Igelstellen machen reihenweise zu, weil sie alle überlaufen sind“, sagt Corinna Stura-Kura, Igelhelferin aus Fröndenberg. Spätgeborene Jungigel aber finden durch das stete Insektensterben und andere Widrigkeiten nicht genug zu fressen.
Wann ein Igel Hilfe braucht
Wenn ein Igel im November tagsüber herumlaufe und wenig wiege, müsse er meist durch den Winter gebracht werden, erklärt Bettina Hartwig-Labs. „Dann ist Holland in Not.“ Bei einem Igel sei schnell am sogenannten Hungerknick im Nacken zu erkennen, ob er zu wenig Fressen gefunden hat. Manche Igel würden durch das schlechte Nahrungsangebot auch auf Schnecken ausweichen und sich dabei Parasiten wie Lungenwürmer holen.

"Letztes Wiegen vor der Freiheit." Die Tiere werden an geschützter Stelle mit Insektenreichtum und naturnaher Umgebung entlassen. "Ist immer schwer nach so langer Zeit. Aber es sind Wildtiere." © Privat
Die Fröndenbergerin kümmert sich seit 30 Jahren um hilfsbedürftige Igel und hat auch 2020 wieder viele Anfragen bekommen, muss in diesem Jahr allerdings eine Zwangspause einlegen. Sie will den Fröndenbergern Tipps an die Hand geben, wie sie den gefundenen Tieren helfen können.
„Wenn sich ein Igel nicht mehr bewegt und unterkühlt ist, muss er ins Haus und gewärmt werden“, sagt sie weiter. Wichtig: „Keine Milch oder Igelfutter mit Getreide.“ Stattdessen rät sie zu Katzenfutter und Wasser.
Unterstützung vor der Notlage
Damit es erst gar nicht zu einer Notlage kommt, können Fröndenberger einige Ratschläge beherzigen. „Igel sind Insektenfresser“, sagt Hartwig-Labs. Ein naturbelassener Garten mit Unkraut und Wildblumen sei „immer prima“, allerdings helfe auch schon ein Laubhaufen in einer Ecke des Gartens.
Steingärten und Zäune als Feinde
- Das Insektensterben macht den Igeln zu schaffen. Auf versiegelten Flächen finden die stacheligen Tiere keine Würmer oder Insekten, um sich winterfest zu fressen.
- Steingärten sind daher besonders schädlich für die Tiere, ebenso wie Mauern, die Igel aus den Gärten aussperren.
- Empfohlen wird, Lücken im Zaun zu lassen, um den Tieren den Übergang in andere Gärten zu ermöglichen.
„Durchgangsmöglichkeiten in den Zäunen lassen, damit sie zwischen den Gärten wechseln können.“ Sie rät, Kellerschächte abzudichten, damit die Igel nicht versehentlich hineinfallen können. „Und vorsichtiges Autofahren!“
Wer darüber hinaus helfen möchte, kann die Tiere mit Katzenfutter oder gekochten Hühnerflügeln zufüttern. „Es gibt auch Futterstationen, die man bauen oder kaufen kann.“
Erste Schritte und Tipps
„Das Wichtigste zu Beginn ist das Wiegen“, sagt Hartwig-Labs. Wiegt der Igel Anfang November weniger als 500 Gramm, braucht er Hilfe, um den Winter zu überstehen. Dann rät Hartwig-Labs, das Tier in einem Umzugskarton oder einem palettengroßen Käfig bei 20 bis 22 Grad und Tageslicht in den Keller zu stellen und es dick zu füttern. „Vorsicht, Igel können gut klettern.“
Wenn die Igel ihr Überwinterungsgewicht erreicht haben, würden sie nicht mehr so gut fressen und immer langsamer werden, so Hartwig-Labs. Dann könne man den Tieren etwas Sicheres bauen für den Balkon oder Garten, die Temperaturen langsam senken, bis die Tiere im Dezember in den Winterschlaf fallen.

Ein Igel in Not beim Frühlingserwachen im April im Balkongehege. "Vor dem Auswildern noch ein Checkup durch die Igelstation, dann wurden für Trainingszwecke kanadische Riesenwürmer aus dem Angelshop zugefüttert." © Privat
„Von manchen hört man erst wieder im April.“ Manche würden zwischendurch mal aufwachen und nach Essen suchen. Etwas Wasser sollte auf jeden Fall bereitstehen.
Hilfe bei Ärzten und im Internet
„Wenn man merkt, man kommt nicht zurecht, sollte man zum kundigen Tierarzt“, sagt Hartwig-Labs. Da es in Fröndenberg keinen Ansprechpartner gibt und die Igelhilfe in Unna aufgehört hat, könne man sich noch an die Facebook-Gruppe „Igelfreunde und die, die es werden wollen“ wenden. „Da bekommt man auch professionelle Hilfe, wie man Flöhe und Zecken entfernt und den Igeln helfen kann.“
Wichtig: „Lieber erst fragen, bevor man etwas unternimmt. Es sei denn, das Tier sieht wirklich krank aus.“ Es komme gerne auch mal vor, das wohlgesonnene Helfer gesunde Tiere einsperren, weil sie glauben, sie bräuchten Hilfe. „Es sind immer noch Wildtiere, keine Haustiere.“

Gefunden mit 200 Gramm, erstversorgt im warmen Keller. Bis zum Überwinterungsgewicht wird gefüttert: Katzenfutter ohne Soße oder Gelee, gekochte Hühnerflügel. "Schlief im Dezember ein mit knapp 600 Gramm." © Privat
Ganz alleine sollte man sich ans Überwintern nicht wagen. „Die Überwinterung in Menschenhand sollte unter professioneller Anleitung geschehen. Von der medizinischen Kontrolle, dem Entfernen der Parasiten, Gewichtskontrolle bis hin zum Idealgewicht. Hilfreich sind kundige Tierärzte und Hilfegruppen oder Igelstationen.“
Jeder kann helfen
Bettina Hartwig-Labs ermutigt die Fröndenberger dazu, Igeln in Not zu helfen. Viele Igelhelfer seien bereits überfüllt. „Bei mir war auch bei einem oder zweien die Grenze“, erklärt sie. Vom Igelschutz aus Unna weiß sie, dass die Dame mitunter morgens auch mal fünf Igel im Karton vor der Haustür stehen hatte. „Das muss nicht sein. Wenn jeder ein bisschen Verantwortung zeigt und den einen, den er findet, durchbringt, ist allen geholfen.“
Allerdings müsse man sich im Klaren sein, dass die Tiere bis zum Winterschlaf viel Aufmerksamkeit bräuchten. „Es braucht täglich frisches Futter, Wasser und einen sauberen Käfig.“ Trotzdem macht sie den Fröndenbergern Mut: „Mithilfe von Tierärzten und der Facebook-Gruppe ist das zu stemmen.“
Jahrgang 1995, aufgewachsen am Rande Mendens mit mehr Feldern als Häusern drumherum. Zum Studieren nach Köln gezogen, 2016 aber aus Sehnsucht ins Sauerland zurückgekehrt. Hat in der Grundschule ihre Liebe ans Schreiben verloren und ist stets auf der Suche nach spannenden Geschichten.
