„Das war der schlimmste Tag meines Lebens“, sagt Katja Westhoff über den 4. Juli 2021. Damals war auch der Rammbach in Warmen so angeschwollen, dass er über sein Ufer trat und schließlich ihr angrenzendes Haus überflutete. Sie erinnerte sich auch daran, wie es dazu kam: „Tagelang war vorher kein Regen gefallen und so konnte der Boden die Nässe nicht aufnehmen“, so Westhoff.
Bekanntlich soll der Ruhrverband künftig die Gewässerunterhaltung auch nach den schlimmen Erfahrungen aus dem Juli 2021 von der Stadt Fröndenberg übernehmen.
Der Regen von den weiter oben gelegenen Feldern lief damals die ganze Zeit direkt in den Rammbach und dessen schmale Durchlässe verstopften schnell. So nahm das Unglück seinen Lauf. An einem Holzbalken in ihrem Wohnzimmer hängt eine Plakette auf 1,20 Metern Höhe: „Flutpegel“ und das Datum stehen darauf und auch ein besonderes Gemälde hat seinen Platz in dem Zuhause gefunden.
Das Bild ist ein abgemaltes Foto, dass ihren Mann unmittelbar nach dem Rückgang des Wassers vor dem Haus zeigt. „Während der eigentlichen Katastrophe waren wir ja gar nicht Zuhause“, so Westhoff. Auf dem Rückweg vom Campingplatz hatten sie die ersten Nachrichten aus Fröndenberg empfangen. „Dann rief unsere Nachbarin an und sagte, euer Auto ist im Wasser“, so die zweifache Mutter.
Als der Sohn noch vermeldete, dass der heimische Server ausgefallen sei, wussten sie, dass sie schwer betroffen waren. Was dann begann, sei eine ungeheure Welle der Hilfsbereitschaft gewesen: „Die Feuerwehr war ja noch so eingebunden, die fragten nur, ob wir einen Öltank haben“, erinnert sich Westhoff. Doch Familie und Nachbarn hätten sofort bereitgestanden, um mit anzufassen.

„Wir haben nur noch funktioniert“, berichtet Westhoff. Am ersten und zweiten Tag nach der Katastrophe seien verschiedene Gutachter gekommen: „Das Einzige, was ich davon noch weiß ist, dass der eine Gummistiefel trug und der andere in feinen Schuhen durch den Schlamm watete“, so Westhoff. Auf die Frage, wie lange sie dann bis zu einem normalen Leben in den eigenen vier Wänden brauchten, schmunzelt Westhoff.
„Jetzt ist als letztes nur noch die Klingel kaputt“, sagt Westhoff lächelnd. Doch tatsächlich seien die vergangenen drei Jahre ein einziger Kampf gegen die Folgen des Hochwassers gewesen. „Man muss immer dranbleiben. Wenn man ans Grübeln kommt, wird es schwer“, so Westhoff. Bilder und Basteleien der Kinder, alte Unterlagen und vieles mehr von persönlichem Wert sei unwiederbringlich verloren.

Die Gebäudeschäden schlugen mit rund 100.000 Euro zu Buche, alles andere noch einmal mit rund 60.000 bis 70.000 Euro: Nicht nur die Möbel, auch das neu gekaufte und noch verpackt dastehende Jugendzimmer des Sohnes, die DJ-Ausrüstung des Ehemannes oder ihre hochwertigen Stick- und Nähmaschinen fielen der schlammigen Wasserwalze zum Opfer. Für das Haus habe sie eine Elementarschadenversicherung gehabt.
Doch da sie mitten in einem Versicherungswechsel standen, gab es außer für die Gebäudeschäden kein Geld. „Es war manchmal schon sehr hart“, erinnert sich die Mutter. Doch gebe es auch positive Erinnerungen: Wenn sie manches Teil in die Hände nehme, das aus den Fluten gerettet werden konnte, oder beim Gedanken an die breite Hilfsbereitschaft von privater Seite, gehe die Sonne auf.

Dank der Familie und der Helfer wanderte die zerstörte Innenausstattung sofort raus, der Schlamm im Haus wurde beseitigt und auch das Laminat ging auf den Müll. Da sie zu den ersten Betroffenen des Katastrophen-Sommers gehörten, hätten sie auch bei den Handwerkern erstmal Glück gehabt: „Auch der nasse Estrich wurde von einem Unternehmen gleich entfernt“, so Westhoff.
Der große Bekanntenkreis, den Westhoff auch dank verschiedener Facebook-Gruppen hatte, zeigte sich ebenfalls Hilfsbereit: „Wenn man buchstäblich mit nichts dasteht und liest dann, dass jemand sagt: ,Mein Kind hat auch einen Euro von seinem Taschengeld gespendet‘, dann hat man schnell eine Träne der Rührung im Auge“, so die Mutter. Anderswo sei es mit der Hilfe schwieriger gewesen.

Zuerst zog die Familie in eine kleine Wohnung bei ihren Eltern nebenan. „Dann wollten uns Leute schon Möbel spenden, doch wir wussten einfach nicht wohin“, so Westhoff. Die Feuchtigkeit zog ja hoch, alles musste trocknen und die Handwerker brauchten schließlich Platz. Als sie dann wieder Möbel brauchten, schrieben sie in der Hoffnung auf Rabatte die großen Möbelhäuser der Umgebung an.
„Poco war das einzige Geschäft, das darauf mit einem Nachlass von 25 Prozent reagierte“, so Westhoff. In ihrer Not hatten sie auch die Sendung „Zuhause im Glück“ angeschrieben, aber erfolglos. Jetzt ist es in dem Haus aber wieder schön. Sie hat eine gebrauchte, aber hochwertige Stickmaschine geschenkt bekommen und der Vater mit dem Sohn holten sich auch nach und nach neues DJ-Equipment.

„Nur im Schuppen ist noch Schlamm am Boden und daneben haben wir noch Sandsäcke für den Notfall liegen“, so Westhoff. Aber sie schauten wieder dankbar nach vorne. Für sie sei es nur wichtig, dass in Sachen Hochwasserschutz auch in Zukunft einiges getan werde. Insgesamt hätten sie schon dreimal mit dem Hochwasser zu kämpfen gehabt. Zum Glück nur einmal mit solchen Folgen.

Hinweis der Redaktion: Dieser zuerst am 21. Juni 2024 veröffentlichte Artikel erscheint im Rahmen des Jahresrückblicks 2024 erneut.