Wer saß mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Dortmund in einer Klasse?

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Wer saß mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Dortmund in einer Klasse?

dzSchüleraustausch

Dortmunder Schüler haben mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in einer Klasse gesessen, möglicherweise ohne heute zu wissen, wer damals mit ihnen die Schulbank gedrückt hat.

Dortmund

, 27.05.2024, 15:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Als Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron am 22. Januar in Aachen den neuen deutsch-französischen Freundschaftsvertrag unterzeichneten, ging es in Artikel 12 um Städtepartnerschaften. Was in Aachen nicht zur Sprache kam: Macron selbst hatte als Schüler von der Partnerschaft zwischen seiner Heimatstadt Amiens und Dortmund profitiert.

Gleich zwei Mal, in der Mittel- und der Oberstufe, hatte er an einem Schüleraustausch seines Gymnasiums, der von Jesuiten geführten Schule „La Providence“ teilgenommen und jeweils eine Woche in einer deutschen Familie verbracht. Das hat Macron der Journalistin Michaela Wiegel anvertraut, die eine Biografie über ihn verfasst hat.

Von Dortmund hat er graue Straßenzüge in Erinnerung

Es muss Anfang bis Mitte der 90er-Jahre gewesen sein, als Macron, der im Dezember 1977 geboren wurde, von der Jesuitenschule nach Dortmund entsendet wurde. Er erzählte Michaela Wiegel: „Ich habe seit der Mittelstufe Deutsch gelernt, und als ich das erste Mal an dem Austausch teilnahm, erinnerte mich Dortmund an meine Heimatstadt.“ Damit meinte er vor allem die „Tristesse“: „Von Dortmund habe ich graue Straßenzüge in Erinnerung, einen großen Platz. Ich war bei einer Familie untergebracht, die am Stadtrand wohnte.“

Er erinnere sich „vor allem an alltägliche Freuden, kleine Dinge, die von den Erwachsenen, die diesen Austausch organisierten, nicht geplant worden waren“, erzählt er. „Ich werde zum Beispiel das deutsche Abendbrot nie vergessen, diese Tradition, am Abend kein warmes Gericht zu servieren, sondern Brot und Aufschnitt. Und dann dieses üppige Frühstück.“ An der Stelle hat Macron laut aufgelacht.

Welche Schule hat Macron besucht?

Doch welche Schule oder welche Schulen hat Macron bei dem Austausch besucht? Bei welcher Familie hat er bei den Mahlzeiten am Tisch gesessen und mit ihr den Alltag geteilt? Für eine Lokaljournalistin schreit das nach einer Recherche. Doch diese gestaltet sich schwieriger als zunächst gedacht.

Zuallererst habe ich bei Bärbel Masurat, Protokollchefin der Stadt Dortmund angerufen, die die Städtepartnerschaften betreut. Sie hatte von Macrons Besuchen gehört, kannte die Biografie über ihn und hatte auch schon versucht, unter anderem über die Auslandsgesellschaft die beteiligte Schule in Dortmund ausfindig zu machen. Bislang ohne Erfolg.

Ein Bild von Emmanuel Macron aus Jugendtagen. Etwa so muss er auch bei seinen Besuchen in Dortmund ausgesehen haben.

Ein Bild von Emmanuel Macron aus Jugendtagen. Etwa so muss er auch bei seinen Besuchen in Dortmund ausgesehen haben. © Screenshot Thomas Thiel

Verbindungen zu Karnevalisten in Amiens

Im nächsten Schritt habe ich die Homepages der Dortmunder Gymnasien mit Partnerschulen in Amiens geprüft. Doch keine kooperiert aktuell mit dem Lycée La Providence. Seit 1983 ist das Leibniz-Gymnasium als „Dortmund International School“ mit dem Lycée Privé Sacré-Coeur in Amiens verbunden. Das Heinrich-Heine-Gymnasium tauscht sich mit dem Lycée Edouard Branly aus. Auch die Johann-Gutenberg-Realschule hat bereits Schülerinnen und Schüler vom Collège St. Riquier empfangen. Aber Lycée La Providence? Fehlanzeige.

Der nächste Anruf geht an Werner Reckmann, Ehrenpräsident des Festausschusses Dortmunder Karneval und seit Jahrzehnten eng mit den Amienser Karnevalisten verbunden. Doch er kann nur mit dem Tipp weiterhelfen, Jürgen Keßling anzurufen, der früher als Protokollchef im Rahmen der Städtepartnerschaften auch für den Schüleraustausch zuständig war. Auch diese Spur führt ins Leere.

Mail an den Elysée-Palast

Ich habe dann eine Mail mit meinen Fragen an die französische Botschaft in Berlin geschrieben. Von dort kam nur folgende kurze Antwort: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Leider kann ich Ihnen nicht weiterhelfen, mehr ist auch in Frankreich nicht öffentlich bekannt.“

Also dachte ich, frage ich den Präsidenten selbst; denn auch ihm kann man eine Mail in den Elysée-Palast schicken. „Eine Sache ist Ihnen wichtig? . . . Haben Sie Fragen oder Anmerkungen?“, steht auf Macrons Homepage. „Um den Präsidenten der Republik oder Frau Brigitte Macron zu informieren, gibt es nichts Leichteres, als ihnen zu schreiben!“, lautet die freundliche Aufforderung. Also habe ich geschrieben und meine Fragen gestellt. Das war vor zwei Wochen. Auf eine Antwort warte ich noch immer. Schließlich ist das französische Staatsoberhaupt viel beschäftigt.

Emmanuel Macron weiß selbst nicht mehr, welche Schule er in Dortmund besucht hat.

Emmanuel Macron weiß selbst nicht mehr, welche Schule er in Dortmund besucht hat. © picture alliance/dpa

Er selbst kann sich nicht erinnern

Deshalb habe ich Kontakt mit seiner Biografin Michaela Wiegel aufgenommen. Ob sie wisse, welche Schule oder Schulen Macron in Dortmund besucht hat? Die freundlich, aber ernüchternde Antwort: „Emmanuel Macron konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie die Partnerschule hieß.“

Auf Anfrage versucht auch Hans-Hermann Krämer, Präsident des Rotary Clubs Dortmund-Hörde, deren Mitglieder eng mit den rotarischen Freunden in Amiens verbunden sind, bei der Recherche zu helfen. Einer der Rotarier in Amiens soll mit Macron verwandt sein. Aber wenn sich der Präsident selbst nicht mehr erinnert …

Blieb noch eine letzte Möglichkeit: Ich habe die heutige Schulleiterin des Lycée La Providence, Madame Delphine Herbet angeschrieben. Auf Französisch, extra formuliert von einer Französisch-Lehrerin , damit es ja kein Missverständnis gibt. Madame Herbet versprach, sich zu bemühen, das herauszufinden, ist aber noch nicht weitergekommen.

Wer hat mit Macron Brot und Aufschnitt zu Abend gegessen?

Nun bleibt noch ein allerletzter Versuch, um die Recherche doch noch zu einem befriedigenden Ende zu bringen: Wir fragen Sie. Also, wer erinnert sich an Emmanuel Macrons Besuche in Dortmund und die Partnerschule(n)? Wer weiß, in welchen Familien Macron zu Gast war? Wer hat am Stadtrand mit ihm Brot und Aufschnitt zu Abend gegessen? Wer saß mit ihm im Klassenzimmer?

Bei dem Charisma, das Macron schon im Jugendalter nachgesagt wurde, muss sich doch noch jemand erinnern. Der spätere Präsident war doch früher kein Phantom. Damit eine Fortsetzung folgen kann, schreiben Sie bitte an gaby.kolle@ruhrnachrichten.de.