Die Infektion mit dem RS-Virus ist für Babys eine der gefährlichsten, die sie erleiden können. Es löst Atemwegserkrankungen aus, bei denen die kleinen Atemwege der Kinder regelrecht verkleben. Sie haben Schwierigkeiten, Luft zu bekommen. Immer wieder müssen Babys deshalb in der Kinderklinik in Dortmund behandelt werden. Vor allem im Winter ist die Lage in der Regel angespannt. Wie sieht es aktuell in der Kinderklinik aus?
„Bisher ist es ganz okay“, sagt Prof. Dr. Dominik Schneider, Direktor der Dortmunder Kinderklinik. „Im Moment bekommen wir in Dortmund, aber auch in anderen Städten, noch alle Kinder unter.“ RSV stellt das Krankenhaus derzeit aber vor keine größeren Schwierigkeiten. In diesem Herbst seien bislang drei Kinder wegen RSV in der Kinderklinik in stationärer Behandlung gewesen. Wenn eine RSV-Welle voll zuschlägt, sind rund 20 der 100 Betten mit RSV-Fällen belegt.
„Die Welle ist noch nicht angelaufen. Das zeigen auch die Daten aus anderen Krankenhäusern“, sagt Schneider. In diesem Jahr komme die RSV-Welle damit relativ spät. Laut der ständigen Impfkommission (Stiko) liegt die RSV-Saison üblicherweise zwischen Oktober und März. Ende Juni hatte die Stiko eine allgemeine Impfempfehlung für Neugeborene und Säuglinge mit einem neuen Impfstoff gegen RSV ausgesprochen.
Anders als bei einer aktiven Immunisierung wird so kein langfristiger Immunschutz aufgebaut, indem das Immunsystem durch abgetötete Krankheitserreger „trainiert“ wird. Der Schutz hält dadurch nur wenige Monate. Der Vorteil ist aber, dass die Impfung einen sofortigen Schutz bietet und nicht erst einige Wochen nach der Impfung.
Mehr als 100 Kinder geimpft
Seit dem Ende der Herbstferien, Ende Oktober, wird am Klinikum in der Frauen- und in der Kinderklinik auch gegen das RS-Virus geimpft. Seitdem hätten mehr als 100 Kinder eine Impfung erhalten, sagt Dominik Schneider. „Die Kinder haben den Impfstoff exzellent vertragen. Wir sehen so gut wie keine Nebenwirkungen.“
Trotzdem seien die Sorgen bei den Eltern etwa vor Fieber bei den Neugeborenen teils groß, dabei sei eine fieberhafte Reaktion bei dieser Impfprophylaxe extrem selten. Für das Personal der Kinderklinik in Dortmund bedeutet das einen erhöhten Aufklärungsbedarf. „Der Aufwand ist hoch, bei vielen Eltern ist die Unwissenheit noch groß“, sagt Schneider.
Man gehe zweistufig vor. Zunächst würde das Personal auf der Geburtstation informieren, danach werden die Eltern bei der U2-Untersuchung noch einmal von Kinderärzten auf die Impfung angesprochen. „Das klappt dann meistens.“ Etwa zweidrittel der Kinder, die im Klinikum zur Welt kamen, habe man impfen können. „Eine Impfung hat noch niemand bereut“, sagt Schneider.
„Halten Impfung für sinnvoll“
„Wir machen das, weil wir die Impfung für die Kinder für sinnvoll halten. Das ist das gefährlichste Virus für Babys im ersten Lebensjahr.“ Studiendaten zeigen, dass Infektionen im zweiten Lebensjahr deutlich milder verlaufen.
Der Direktor der Dortmunder Kinderklinik habe aber auch Verständnis für die Unsicherheit der Eltern. „Es ist ein neuer Impfstoff, da sind einige zunächst zurückhaltend. Die Eltern empfinden ihr Baby so wie feines Porzellan. Ich kann verstehen, dass die Eltern nicht gut sehen können, wie es bei einer Impfung gepiekst wird.“
Es gebe aber auch die Lösung, die Mutter während der Schwangerschaft zu impfen. Der Immunschutz werde dann an das Kind weitergetragen, erklärt Schneider, der die Empfehlung der Stiko als „fachlich exzellent“ bezeichnet. Um beurteilen zu können, wie sich die Impfungen auf die Krankenhausbelegungen auswirken, ist es aber noch zu früh.
Angesichts der aktuellen Lage gibt sich der Klinikdirektor noch entspannt. „Die Kinderkliniken in NRW sind noch nicht flächenweit abgemeldet.“ Dominik Schneider hat aber schon genug Winter als Kinderarzt erlebt und weiß, dass sich die Lage schnell ändern kann, bei RSV und anderen Erkrankungen. „Die Influenza-Welle kommt meist erst nach den Weihnachtsfeiertagen“, blickt der Klinikdirektor in die Zukunft.
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