Für das geplante neue Gas- und Dampfturbinenkraftwerk der Steag-Tocher Iqony in Bergkamen-Heil braucht es eine Gasleitung durch die Lippeauen. Die bisher bevorzugte Trassenplanung trifft allerdings auch Grundstücke von Landwirten. Beim zweiten Öffentlichkeitsdialog im Bürgerinformationszentrum gab es deswegen Kritik an den Plänen.
Das Vorhaben ist bisher noch am Anfang. Ziel ist es, das vorhandene Steinkohlekraftwerk durch einen Neubau zu ersetzen, der zunächst mit Erdgas und perspektivisch mit Wasserstoff betrieben wird. Dafür braucht es eine doppelte Hochdruckgasleitung für Erdgas und Wasserstoff durch die Lippeauen.

Start für das Projekt war 2023 mit einer Machbarkeitsstudie. Danach wurden mit einem Planungsbüro Trassenvarianten entwickelt, wodurch eine Vorzugsvariante entstanden ist. Die ist 4,5 Kilometer lang und startet im nordwestlichen Teil der Stadt Werne im Bereich der OGE-Leitung, verläuft dann in südöstlicher Richtung unter der Lünener Straße Richtung Lippe und soll den Lippeschlauch dann queren – hier aber in geschlossener Bauweise, wie Sven Christian Neumann beim Bürgerdialog erklärte.
Das sei nötig, um einen zu großen Eingriff in die Schutzgebiete auszuschließen. In dem Bereich ist nämlich unter anderem ein Naturschutzgebiet, weshalb Naturschützer das Projekt kritisch sehen. Bei der geschlossenen Bauweise gibt es nur am Anfang und Ende der Leitung einen Schacht. Kreuzende Wege oder Straßen würden dadurch unberührt bleiben.
Weiter geht die Trasse im nordöstlichen Bereich der Siedlung Heil in Richtung Süden. Die Leitung verläuft dort entlang des Westenhellwegs Richtung Kraftwerk-Standort. Die Straße müsste noch zweimal gekreuzt werden, „um sensible Bereiche zu umfahren“, so Neumann. Momentan finden noch Prüfungen der Trasse statt. Dazu zählen zum Beispiel Baugrunduntersuchungen, Vermessungsarbeiten und Umweltprüfungen.

„Wir warten auf Signal aus Berlin“
Trotzdem gab es beim Bürgerdialog schon Kritik an der Trassenführung. Die führt nämlich auch über Grundstücke von Landwirten. „Ich möchte auch an meine Zukunft denken können“, betonte Carlo Kortenbruck, Junglandwirt aus Heil. Die Leitung und die nötigen Schutzstreifen würden verhindern, dass er seinen Hof weiter ausbauen könne, zum Beispiel mit einem Güllebehälter.
„Ich möchte weiter meinen Beruf ausüben können. So wie es geplant ist, könnte ich meine Kühe nicht mehr rauslassen“, betonte Kortenbruck. Eine Lösung konnte Pressesprecher Daniel Mühlenfeld an dem Tag nicht bieten. Er verwies darauf, dass momentan schon Gespräche geführt werden. Es müsse letztendlich ein Kompromiss gefunden werden. Das würde aber besser im persönlichen als im öffentlichen Dialog funktionieren.
Aribet Wonner von Steag verteidigte die Trassenführung unter anderem mit dem Thema Artenschutz. Die Natur habe sich entwickelt, wodurch es in einigen Bereichen ein „hochwertiges Gebiet“ gebe, was es schwieriger mache, dort die Trasse entlanglaufen zu lassen als auf Ackerfläche. Er betonte aber, dass aber immer noch Untersuchungen laufen würden für ein Gutachten.
Es gibt noch eine andere Ungewisse beim neuen Kraftwerk, die mit dem Wechsel der Regierung zusammenhängt. Mühlenfeld erklärte, dass eigentlich die Ampel-Regierung eine Strategie für Kraftwerke entwickeln wollte. Dazu ist es aber nicht gekommen. Die neue Bundesregierung, die sich wahrscheinlich aus CDU und SPD zusammensetzen wird, wird sich dem Thema annehmen müssen. Derzeit laufen aber noch die Sondierungsgespräche.
„Wir warten auf Signale aus Berlin“, so Mühlenfeld. Erst mit den Vorgaben der Regierung können die Planungen nämlich konkreter werden. Das Unternehmen sei aber auf einem guten Weg und habe viele Vorleistungen, die ohne gesetzliche Regelungen möglich sind, vorangetrieben. Der Plan ist, im ersten oder zweiten Quartal 2026 den Antrag auf ein Planfeststellungsverfahren einzureichen. Frühestens im vierten Quartal von 2027 könne laut Neumann mit dem Bau der Gasanschlussleitung begonnen werden.