„Ein Team-Mitglied wie jedes andere“ Annika Schmidt lebt Inklusion in der Villa Kunterbunt

Gelebte Inklusion: Annika Schmidts Alltag in der „Villa Kunterbunt“
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Eigentlich ist das Interview mit Annika Schmidt bereits beendet. An diesem sonnigen Aprilvormittag bleibt nur, sich in der AWO-Kindertageseinrichtung und dem Familienzentrum „Villa Kunterbunt“ in Bergkamen voneinander zu verabschieden. Da sucht die junge Frau mit dem zurückhaltenden Lächeln noch einmal das Gespräch und sagt voller Inbrunst: „Mir macht es wirklich großen Spaß, hier in der Kita zu arbeiten!“

Aus diesem Grund hatte sich Annika Schmidt bereit erklärt, über ihren Arbeitsalltag in der Bergkamener Einrichtung zu berichten. Das ist deshalb besonders, weil die 30-Jährige das Down-Syndrom hat – und bereits seit zehn Jahren in der Villa Kunterbunt und damit auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt arbeitet. Nicht in einer Werkstatt, wie es viele Menschen mit Behinderung tun.

„Das war mir nach meinem Schulabschluss wichtig“, erklärt Annika Schmidt. Und sie begründet, warum das so ist. Die Bergkamenerin wünschte sich ein inklusives Arbeitsumfeld. Sie wollte dort arbeiten, wo auch Menschen, die keine Behinderung haben, ihrem Tagewerk nachgehen. Dieser Wunsch hat sich erfüllt.

An fünf Tagen die Woche arbeitet Annika Schmidt in Teilzeit zwischen 9 und 12.30 Uhr in der Villa Kunterbunt – und zwar überall dort, wo Hilfe gebraucht wird. Sie unterstützt in der Küche, bei der Wäsche, im Garten.

Annika Schmidt spielt in der Bergkamener Kita „Villa Kunterbunt“ mit zwei kleinen Kindern.
Annika Schmidt ist ein beliebtes Team-Mitglied in der Villa Kunterbunt – bei Groß und Klein. © Stefan Milk

Und welche Aufgabe bereitet ihr die meiste Freude? „Wenn ich in meiner Gruppe mit den Kindern spiele!“, sagt Annika Schmidt ohne Umschweife. So sitzt sie auch an diesem Tag mit den Kleinen vor einer Spielzeugeisenbahn und demonstriert geduldig, wie man die Holzschienen miteinander verbinden kann. Einrichtungsleiterin Daniela Thamm bestätigt, dass Annika Schmidt im Kita-Alltag eine große Unterstützung ist. Und selbstverständlich nicht nur das: „Sie ist immer mit dabei, auch bei Freizeitaktivitäten wie Betriebsausflügen – wie jedes andere Team-Mitglied auch!“

Großer Schritt: Umzug nach Bergkamen

Bereits 2021 trafen wir die junge Frau zum Gespräch. Schon damals arbeitete sie in der Bergkamener Einrichtung. Ein paar Dinge haben sich seither maßgeblich verändert. „Frau Schmidt ist einen riesengroßen Schritt gegangen“, formuliert es Daniela Thamm.

Die junge Frau erzählt mit einem Strahlen im Gesicht: „Ich wohne jetzt ganz alleine!“ Vor vier Jahren lebte sie noch in einer Wohngemeinschaft in Unna. Vor allem die lange Fahrt mit dem Bus störte die 30-Jährige. Seit einigen Monaten ist sie wieder in Bergkamen Zuhause und kann den Arbeitsweg zu Fuß bestreiten.

Annika Schmidt aus Bergkamen lächelt in die Kamera.
Bereits seit zehn Jahren arbeitet Annika Schmidt in der Kindertagesstätte. Vor kurzem hat sie einen weiteren riesengroßen Schritt gewagt: Sie wohnt mittlerweile in einer eigenen Wohnung in Bergkamen. © Stefan Milk

Das trifft sich nicht nur deshalb gut, weil die Mutter von Annika Schmidt ebenfalls in Bergkamen lebt, sondern auch, weil sie bei der dort ansässigen „Initiative Down-Syndrom“ ihrem großen Hobby nachgehen kann: dem Tanz. In der Villa Kunterbunt bietet sie aktuell jedoch keine Tanzgruppe mehr an. Das sah 2021 noch anders aus.

„Wir hatten irgendwann keine Kollegen mehr, die das begleiten konnten“, erzählt Einrichtungsleiterin Daniela Thamm. Einmal in der Woche treffe man sich in großer Runde mit allen drei Kita-Gruppen. Auch da werde regelmäßig gemeinsam getanzt. Vielleicht könnte sich daraus in Zukunft wieder ein festes Angebot entwickeln, sind beide Frauen guter Dinge.

Langweilig wird es Annika Schmidt bei all ihren Aufgaben in der Villa Kunterbunt bis dahin sicher nicht. Doch während ihr – das hatte sie bereits verraten – die Beschäftigung mit ihren kleinen Schützlingen die meiste Freude bereitet, weiß sie auch, auf welche Tätigkeit sie gut und gerne verzichten könnte. Annika Schmidt überlegt kurz, schmunzelt und sagt dann: „Unkraut jäten im Garten macht mir keinen Spaß!“